21. Juni 2014

Von wegen Kleinkunst!

Das Ensemble von "C любимыми не расставайтесь"

Eigentlich hatte ich mir ja den Theaterbesuch im Theater Okolo nur vorgenommen, um eventuelle Immissionen unter den Fenstern unserer eventuellen Wohnung noch rechtzeitig erkennen zu können. Ulrike hatte ja erst beim Lesen des plakatierten Namens eines anderen Stücks ("La Stalla") vermutet, dass dort unten eine Pizzeria haust und Küchendunst produziert. Das wollen wir ja auch nicht!

Also kaufte ich gestern online einen Zugangscode. Dazu musste ich mich erst auf BigBilet.ru anmelden, und dann auf der Theaterseite die Vorstellung buchen, und dann bekam ich per SMS einen Code zugeschickt. Eigentlich zwei, aber ich weiss bis heute nicht wofür der zweite gut sein könnte. Alle Seiten der Anmeldung und Buchung waren nur auf Russisch verfügbar, und da entgehen mir eben doch solche Nuancen. Es war auch gut, dass ich den Code aufgeschrieben hatte, denn im Theater war auf einmal die SMS nicht mehr vorhanden (a la Snapchat: "Diese SMS löscht sich 10 Sekunden nach dem Lesen selbstständig").

Natürlich habe ich von dem Stück kein Wort ausser einmal "Dostojewski" verstanden. Es ging, glaube ich, um Liebe, denn es gab fast gleich viel Schauspielerinnen wie Schauspieler. Die Kostüme versetzten das Stück in eine Zeit vor hundert Jahren, mit cul de Paris und Vatermörderkragen. Es war dann aber gar nicht sooo wichtig Russisch zu verstehen um den Abend zu geniessen (es hätte geholfen), denn es wurde sehr viel im Ensemble gesungen. Fünf Chorblöcke in 90 Minuten, zweimal die Männer, zweimal die Frauen, und einmal gemeinsam am Ende, jeweils mit Akkordeon und Dirigent/Souffleur. Kurz: es war ein sehr unterhaltsamer Abend im Theater. Jedoch keine Kleinkunst mehr mit fast 30 Schauspielern (der Bub mit Aktentasche fehlt leider auf dem Bild) auf 80 Zuschauer!

Der eigentliche Auftrag der Immissionsmessung fiel dagegen ins Wasser. Wörtlich, denn es regnete in Strömen. Da stellte sich niemand lärmend und rauchend vor den Theatereingang, wenn nebendran das Wasser direkt vom Dach auf's Vordach prasselt! Weil ich ja meiner Mission treu früh dort war, musste ich mich unterstellen und fand ein trockenes Plätzchen unter dem Vordach der Tiefgarage. Nach einer Minute dort ging das Rolltor der Garage auf und eine goldzahnblinkende Wache kontrollierte was ich denn da wohl wolle, freundlich aber bestimmt. Ich durfte stehenbleiben, nach einem Blick zum Himmel und dem Wort "Theater". Er blieb aber auch stehen. Nun fühle ich mich sicher dort.

Das Geheimnis der Tür in der hinteren Wand des Hofes ist auch gelöst: Bühneneingang! Ist eben ein Künstlerquartier: Die Musikakademie, die russische Komponistenhochschule und ganz viele Denkmäler (Rostropovich lebte dort!) im Viertel.

Und die Strasse wurde trotz strömenden Regens neu asphaltiert. Nun, zumindest war der Belag schon abgefräst, die Gullideckel freigelegt, Kabelkanäle ausgehoben, und die Asphaltmaschine stand bereit. Ehlhäller Vielfahrer werden jetzt natürlich misstrauisch und vermuten jahrelange Buckelpisten. 

Blick von der Garageneinfahrt auf das Hoftor und die Kehrmaschine.
Es regnete, wie gesagt, ein wenig.
Es gibt in ganz Moskau ja keine Kanalisation für Oberflächenwasser, Regenrinnen ergiessen sich überall einfach auf's Trottoir und das Wasser kann sehen wo es bleibt. Das stört natürlich die Arbeiten, wenn man Kabelkanäle aushebt, also wurde improvisiert: Ein orangeblauer Lastwagen der Strassenreinigung fuhr neben dem Kanal hin und her und förderte mit seiner rotierenden Reinigungswalze das angesammelte Wasser vor der Walze her vom Kanal weg, bevor es reinlaufen konnte. Genial einfach. Nur die Arbeiter im Regen und neben der Walze taten mir etwas leid ...


20. Juni 2014

"With your favorite is not at your fingertips"

​Aus reiner Neugier über das Theater "Okolo.ru - La Stalla" werde ich versuchen, am Samstag abend (nach der Wohnungsbesichtigung gleich nebenan) in dieses Stück zu gehen:

"Tuxedo and Kersey boots, bibs and telogrejka, crinoline and hat "Ushanka" in performances Pogrebničko peacefully coexist with each other. Pogrebničko is not motivated by a desire to oppose the era or the social cuts, but rather a desire to call their rights. The paradoxical proximity does not reduce textbook images, but rather to elevate prisoners and homeless people. No poeticizing "moth" in such a position. There is an attempt to find common in people no matter where and when it fell to live. The word "poètizaciâ" Pogrebničko do not know. He too ironic and witty to deliberately poètizirovat′.
Scenes from "crime and punishment" are interspersed with scenes from plays by Alexander Volodin "with your favorite not part." Volodinskaâ the play seems like a classic reductio ad absurdum, and talk about the nekuplennyj co-op, Pro "does not have the characters", "got himself another" are clearly parodic nature. Pogrebničko, as always, is betting not on psychological credibility, and the subtle game with his stage stamp. For example, the Georgians said it without Georgian accent, but so romantically peers into Dahl, that fool is clear: it is the Georgians. Drunk and rowdy has the innocent look, there is no doubt: drinks and very strong. Good, but under the influence of the mercantile mother wife Georgians looking to the judge and spectators with a oligofreničeskim of her naiveté, that it is clear to everyone: the man she is generally good.
It is easy to assume that the next with scenes from Dostoevsky's language of communication volodinskie heroes and their relationships seem to be language and the relationship of Neanderthals.
Scenes from Dostoevsky played in a meditative manner, they go a little icing. Work on the idea of the play than the spectacle itself. And at first it seems that the idea is opposed. One could write about love brilliant poem, the other is just something korâvoe, srifmovav "fond-forgot, but that love can be equally strong. Of course, the heroes Volodina primitive in expressing their feelings, but the feeling, as such, it is in no way discredits. The idea of beauty, goodness, love, Pogrebničko, are all transcendental peace, and dissolved in it — you can see them in the most unpleasant phenomena. To look for in the transient and the eternal in the eternal now. To see how sublime shines through lowland. That not only Schismatics, Svidrigailov, Konstantin Treplev, three sisters, poor Liza, but we all still know how to feel."

(automatische Übersetzung der Webseite durch Bing)

19. Juni 2014

Mööönsch, was war das spannend!

Tatsächlich habe ich eine ganz Zeit lang nichts geschrieben hier. 
Die Tage im Büro sind lang. Normalerweise komme ich so zwischen 20:00 Uhr und 20:30 Uhr in meinem Apartment an. Eine Stunde kann man dann schon rechnen für Frischmachen und Abendessen, dann werden die letzten Mail aus der Schweiz und Deutschland bearbeitet, die um diese Zeit nach Hause gehen. Dann die Tagesschau (liebe Leser: Internet-TV wird hier der grosse Renner! gibt nämlich nix anderes), und schon ist es halb Elf. 
Zusätzlich war am Montag mein alter Chef hier, und machte abends das Spiel Deutschland : Portugal zur Chefsache. Am Dienstag war ich eine Wohnung besichtigen (dazu später mehr), dann Mietverträge anpassen, etc. Vor Eins habe ich nicht geschlafen, da fiel das Aufstehen um 06:45 Uhr schon schwer. Und der Blog musste daunter leiden. Es waren also nicht der Töchter Kommentare zur letzten Bildersammlung, die zu trotzigem Schweigen geführt hätten (dazu braucht es etwas mehr, selbst von anderen Leuten!).

Ja, was war das nun mit der anderen Wohnung? Ich hatte am Wochenende neue Angebote von der zweiten Agentur im Rennen erhalten, und zwei der Wohnungen wollte ich mir ansehen, vor allem wegen ihrer hervorragenden Lage zur Metro. Eine war schon weg, als es am Dienstag zur Besichtigung kommen sollte. Die andere Wohnung war so ganz anders als alles bisher Gesehene: eingerichtet mit Geld und Geschmack, aber einem ganz anderen Geschmack als gewohnt. Eine dorische Säule im Foyer, meterhohe Glaswände, weisser Klavierlack-Esstisch mit riesigem Kronleuchter darüber, 2 Badezimmer (in Gold) und ein Gaste-WC, Balkon und Tiefgarage, etc. War was ganz Spezielles, und - dachte ich mir - das Abenteuer darin zu Wohnen wert. Es kam dann am Mittwoch zu einem Treffen mit der Eigentümerin, einer neureichen, aufgebretzelten Russin der berüchtigten Art ("Welche Stadt mögen Sie denn am liebsten in der Schweiz? Ich liebe Lugano!", und "Nächste Woche kann ich nur Montag verhandeln, danach bin ich in Baden-Baden"; ihre 11-jährige Tochter hat angeblich einen Fahrer). Das Gespräch fing schlecht an, weil sie über Nacht den Preis um 1'000 US Dollar auf 12'000 (alle Zahlen pro Monat!) angehoben hatte ("Hat man Ihnen das nicht gesagt?"). Ich bändigte sie mit der beiläufigen Bemerkung, dass ich ja so viele Häuser in der Schweiz und Deutschland besässe, dass es mir auf ihre Mietwohnung nun wirklich nicht mehr ankäme. Die Miete? "Aber bitte, lassen Sie uns über wichtige Dinge reden!" Es gab eine zähe Verhandlung über die Bezahlung der Haus-Gemeinkosten (Concierge, ...), die sie dann übernahm. Kurz, eine Stunde nach Ende des Gesprächs rief sie mich auf dem Mobil an und sagte zu. 
Heute am späten Nachmittag kam eine Mail meiner Agentin, ob ich bereit wäre die Steuern zu übernehmen. Welche Steuern? Nachfragen ergab, dass diese neureiche Tusse uns ihre Einkommenssteuern auf Mieteinnahmen aufbrummen wollte, zuerst 13% und dann reduziert auf 6%! Ich fiel sofort in Schnappatmung. Nach kurzer Erholung schrieb ich der Agentin der Fa. Intermark per SMS:



Danach rief ich die andere Agentur an und sagte ihr, dass die (vorübergehend pausierte) Wohnung in der Stadtmitte wieder im Rennen ist. Zum Glück scheint deren Eigentümerin Natalia von anderem Schlag zu sein, sie hatte tatsächlich an unseren Änderungswünschen weitergearbeitet (das Gegenteil war nämlich meine ganz grosse Sorge während der letzten Tage gewesen!). 

Für diese Wohnung müssen wir jetzt nur die vier Schlafzimmer gerecht auf uns Drei aufteilen. 

10. Juni 2014

Beobachtungen, die sonst nirgendwo hinpassen:

Hier eine kleine Sammlung von Beobachtungen, die jede für sich nicht der Rede wert wäre, aber doch in toto ein Meta-Bild ergeben.

Das farbenfroh und ordentlich hergerichtete Bett in meiner derzeitigen "Bude".

Der rote Kronleuchter in einer Wohnung direkt an den Patriarchsky-Teichen.

Überall stehen Denkmäler. Oder Gedenktafeln. Hier Fritjof Nansen.

Eines der letzten grossen Verschlüsselungs-Rätsel der Menschheit, nach der Keil- und der Knotenschrift: Ein Moskauer Busfahrplan. Da erschliesst sich nix!

Weleda-Produkte stehen in jeder Apotheke. Die Preise sind allerdings gepfeffert:
Eine Tube Sanddorn kostet EUR 14,27 - das sind gut 8 Euro mehr als in Eppstein! 
Zur Hauptverkehrszeit um 18:29 Uhr fuhr der letzte Zug der Metro vor 1:03 Minuten aus dem Bahnhof aus.
Die Passagiere auf dem Perron haben sich also in einer Minute angesammelt.

Sonntagmorgen im Park.  Im Hintergrund eine Neuner-Runde Simultanschach.
Renja überlegt noch, ob sie die zehn Spieler nicht schnell mal alle selber darstellt
...

Das Museum für Moderne Kunst war geschlossen, aber manche Kunstwerke hätten eh nicht in die Halle gepasst!
Der Künstler Tsereteli hat auch das Riesendenkmal "Peter der Grosse" hergestellt (das jetzt keiner mehr haben will!)

Z.K. Tsereteli: "Schwanensee"

Das Bolshoj-Theater. Das iPhone hat schon eine recht kurze Belichtungszeit.

Ulrike übt am Flughafen schon mal für unsere langen Fernsehabende nächsten Winter.

Mach' jetzt bloss nicht noch mal den gleichen Fehler, Bub!

Nein, diesmal bin ich vorsichtiger. Obwohl die Verhandlungen schon weiter gediehen sind, ja man fast schon von einem Handschlag mit dem Vermieter sprechen könnte.

Die Adresse der Favoritenwohnung ist in der Stadtmitte, in der Voznesensky Gasse, mein Wunschgebiet. Drei Häuser daneben ist das Courtyard Marriott Moscow City, die Musikakademie ist 500 Meter entfernt, und Pushkin hat 1830 für ein Jahr dort gewohnt und den "Boris Godunov" das erstemal vorgelesen (kann aber nicht in diesem Haus gewesen sein, denn dies ist erst 1895 gebaut!). Die Strasse liegt in einem guten Viertel mit vielen Botschaften, sehr stadtnah und trotzdem ruhig (heute war zur abendlichen Hauptverkehrszeit der Schallpegel in der Küche 43 dBA, auf dem Balkon 50 dBA).

Das Gespräch heute mit der freundlichen Eigentümerin war konstruktiv, sie ist sympathisch und verständnisvoll für meine Sonderwünsche (Sicherheitsgitter vor dem einen Fenster wird noch eingebaut, Bilder können unbeschränkt aufgehängt werden, die Textilien kommen raus, ...). Sie vertritt eine Erbengemeinschaft, besorgt sich aber noch von allen Miterben eine Alleinvertretungsvollmacht (sonst müssen immer alle mit verhandeln und unterschreiben). Ich hatte den Eindruck, sie will recht gerne und bald vermieten.

Die Wohnung liegt im 1. OG und hat ein echtes Gästezimmer, eine Sauna und eine Duschkabine mit Heissdampf. Mit 150 m2 ist sie nicht extrem gross, hat aber eben 3 (kleine) Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer, Wohnzimmer und grosse Küche. Im Haus wohnen zumindest noch eine australische und eine englische Familie.




Innen ist sie modern gehalten, ich habe einige Panoramen gemacht:

Das Wohnzimmer, mit gut sitzender Couch.

Küche mit Balkon (da ist schon auch ein Tisch, der hat aber eine Glasplatte!).
Leider ist die Küchentechnik nur von Bosch. 

Das Bad, mit Dampfdusche und Whirlpool. Die Sauna liegt in meinem Rücken.

Die Schlafzimmer waren mit 10 m2 zu klein um darin Panoramabilder zu machen ...

Wenn wir dann mehr wissen, wird weiter berichtet.

So, wer bis hier durchgehalten hat, der oder die hat sich redlich eine Entspannung verdient. Mehr -->



9. Juni 2014

Frühstück bei Merck's

Heute war ich zum Frühstück eingeladen.
Der Chef der Firma Merck hatte Besuch von seinem Aufsichtsratsvorsitzenden bekommen, der in der 11. Generation ein direkter Nachfahre des Gründers ist. Seine Enkelin ist Pharmazeutin, und führt in der 13. Generation die Darmstädter "Engel-Apotheke", in der Merck begann. Zu Ehren seines Gastes hatte er also rund 10 Direktoren lokaler Firmen und Verbände zum Frühstück eingeladen. Siemens war da ("Wir haben letztes Jahr eine Milliarde Euro in Russland investiert!") und Konkurrent Alsthom, der Chef vom Hyatt und vom Swissôtel, Lanxess und Bilfinger, die Handelskammer, die LBBW und das Wirtschaftsdepartement der Schweizer Botschaft. Wir durften frühstücken, und dann erzählte jeder reihum etwas von seinen Eindrücken und Erwartungen. Ich war ja das Küken, die anderen Direktoren alte Hasen. War aber trotzdem interessant, an das Leben als "Frühstücksdirektor" könnte man sich gewöhnen.

Liebe Leser: Mal Hand auf's Herz - lest ihr meinen Blog eigentlich? Da kommt so gar kein Echo mehr, der Blog wird nicht weitergereicht, der letzte Follower meldete sich nur auf Nachfragen hin an. Ich schreibe gerne Tagebuch, aber vielleicht ginge es ja irgendwie anders besser, interessanter?! Gebt Feedback, ab und zu einmal, das langt mir schon.

8. Juni 2014

Kolomenskoye Park

Heute nachmittag war ich - mit vielen anderen Muskovitern - im Kolomenskoye Park. Die Metrostation "Kolomenskoya" ist die meinem Büro nächstgelegene Station, an der ich jeden Morgen aussteige. Heute ging ich aber in die andere Richtung, (genau wie werktags) der Herde folgend. Eigentlich entleerte sich die gesamte Metro direkt in den Park, ich brauchte nicht die Richtung zu suchen.
Der Ursprung ist ein Dorf gleichen Namens, in dem Zar Vasili III. 1529 eine riesige Kirche zu Ehren der Geburt seines Sohnes Ivan der Schreckliche bauen liess. Nebenfrage: wann bekam Ivan der Schreckliche eigentlich seinen Beinamen? Erst nach seinem Tod, oder womöglich schon als Kind von den Geschwistern? Wer darf solche Beinamen überhaupt verleihen?
Also der Park wurde dann später genutzt von Peter I., Katharina der Grossen und Alexander I., als Sommerresidenz und zum Empfang ausländischer Gesandter. War dann also sowas wie der zaristische Partykeller, sozusagen!

Der Eingang ist rechts oben beim Pfeil, das Bild machte ich an einer Tafel unten an der Moskwa ("You are here" Männchen), und hinausgewandert bin ich nach links oben.
Allein war ich nicht!

Die Bauwerke sind alle gut in Schuss, und wirklich sehenswert.
Es war gerade ein Konzert mit den alten Glocken auf dem Glockenturm. Diese werden ja alle einzeln von Hand angeschlagen, und ein Küster spielte ein langes Stück. Ich kann leider nicht sagen, ob es improvisiert oder klassisch oder religiös war, oder alles davon.


Das Wetter spielte wunderbar mit, und die Sicht über die Moskwa hinweg in die Vororte der Stadt war grandios.
Links die Auferstehungskirche von Klein-Ivan.

Der sehr gepflegte Uferweg entlang der Moskwa.
Regelmässige Leser meines Blogs erinnern sich an die Yandex-Bilder des Brautpaars ...

Der Park selber liegt weit im Süden Moskaus, hier ein Blick Richtung Osten mit den Vororts-Wohnsilos.
Den Abschluss des Parks bildete dann die eigentliche Sommerresidenz der Zaren, die nach alten Plänen in alter Technik (Lärchenstämme mit Werg-Dichtungen) wieder aufgebaut und 2010 eröffnet wurde. Eine riesige Anlage; mit fast entschuldigendem Ton steht auf den Erklärungstafeln, dass es damals im Palast einen Teil für die Männer und einen Teil für die weiblichen Mitglieder der Zarenfamilie gab (Harem?).

Hauptfront, mit der überdachten Vorfahrt für die Männer.

Zweiter Eingang, mit der überdachten Vorfahrt für die Frauen.

Der Frauentrakt inklusive Theater, mit Details vom Dach der Vorfahrt.

Im Innenhof, Rückansicht des Frauentrakts.

Ein Durchgang - ratet mal zwischen welchen beiden Trakten?

Seitenflügel des Männertraktes. Es bestand übrigens generelles Rauchverbot.

Bei der Metrostation Kazhirskaya gleich neben dem Park-Ausgang gab es einen ganz tollen Markt. Nicht ganz so luxuriös wie der Markt an der Tulskaya (den wir im Januar besuchten), aber mit ganz schönen Früchten und Gemüse. Natürlich durfte man alles probieren, und so hatte ich heute meine erste Probe von einer Neuzüchtung Aprikose x Nektarine.

Ich fuhr bis in die Stadtmitte, und lief den Weg ab zum Apartment in der Vosneskaya. Es ist fast genau ein Kilometer oberirdisch, und ich brauchte 18 Minuten flotten Marsches (davon 5 Minuten unterirdisch im Metro-System). Wie erwartet.

Ich habe Putin getroffen! Ehrlich!

Heute habe ich Putin getroffen, als er sich unter's Volk mischte. Er war ganz natürlich im Umgang, gar nicht abweisend oder so. Er sprach gerade mit einem Werktätigen, als ich die beiden photographierte.
Geheimdienst war dabei nicht zu sehen, aber das ist wohl Teil seiner Aufgabe. Es gibt eben Orte, die sucht auch der Kaiser allein auf.



6. Juni 2014

FTS

Eigentlich fing der Tag gar nicht so schlecht an. Ich hatte mir vorgenommen, heute eine schwere Nuss zu knacken und ein etwas heikles Personalgespräch zu führen. Solche Gespräche sind schon allein deswegen schwierig, weil sie über Dolmetscher geführt werden müssen. Da gehen viele Nuancen verloren, die Mittelsperson ist auch nicht frei von einfärbenden Motiven, und frei sprechen geht schon gar nicht. Auch die Körpersprache wird nicht synchron übertragen. Das Gespräch musste aber sein, es fand statt, und verlief weitgehend wie geplant.

Aber um die Mittagszeit änderte sich der Tag schlagartig: die Sekretärin kam ganz blass in's Büro und teilte mir mit, dass im Sitzungszimmer acht Herren der staatlichen Zollpolizei FTS auf mich warten würden, ich wäre ja hier wohl der Chef, und den wollten sie sprechen. Dringend. Eigentlich sofort. Die völlig eingeschüchterte Sekretärin flüsterte mir noch zu: "Aber sie sind zum Glück nicht bewaffnet!"
Es ergab sich, dass ich in diesem speziellen Fall nicht der juristische Chef war (noch nicht! Die Ernennungspapiere sind auf dem Postweg!) und eine Mitarbeiterin vorschicken konnte/musste.
Kurz: die Zollpolizei hatte einen unangekündigten Durchsuchungsauftrag in einem unserer Geschäftsbereiche, der mit einem Distributeur zusammenarbeitete, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung (Falschdeklaration bei Verzollung) läuft. Zeitgleich mit unseren Büros wurden auch die Büros dieses Distributeurs in St.Petersburg durchsucht. Wir sind also nicht angeklagt, nur Zeugen und schlimmstenfalls "Gehilfen". Natürlich lief bei mir sofort das volle Programm für unangemeldete Durchsuchungen an, die wesentlichen Personen wurden informiert, der Durchsuchungsbefehl gelesen, und Zusammenarbeit versichert. Bis dahin war auch unser schweizerisch-russischer Hausjurist eingetroffen. Die acht Zöllner (6 Offiziere und 2 "Zeugen") verhielten sich die ganze Zeit über hoch professionell. Sie beschlagnahmten circa 600 Blatt Dokumente, 8 Ordner, und zwei Computer. Für diese Computer musste unser IT-Mann extra ein neues Administratoren-Passwort einrichten und volle Berechtigungen geben. Insgesamt dauerte die Durchsuchung von 12:00 bis 21:10 Uhr, und beschäftigte durchgehend 8 + 5 Personen. Danach wurde alles Papier in schwarze Müllsäcke gepackt, reichlich mit Klebeband umwickelt und mit Stempelbändern versiegelt.
Danach fuhr ich dann mit dem Juristen Daniel (wir hatten uns dann schon auf Berndeutsch und "Du" geeinigt) mit einer Marschrutka nach Hause.

Verpackt und versiegelt: PC, Laptop und Papiere.


5. Juni 2014

War wohl etwas schwerer Tobak!

Na, der letzte Blogeintrag kam ja nicht so gut an. War wohl wirklich etwas schwerer Tobak, vor allem weil die eigentlich Botschaft ("Gestern noch auf stolzen Rossen ..." - ein geflügeltes Familienidiom) durch die anschliessenden Zeilen ("Morgen dann in's kühle Grab.") überschattet wurde.

Zur Aufmunterung bringe ich euch allen eine Eigenheit vieler osteuropäischer Länder nahe: die geplante Instandhaltung der zentralen Kraftwerke. Einmal im Jahr, im Sommer, werden die Boiler der zentralen Heizkraftwerke gewartet. Das ist soweit in Ordnung, und eine prima Idee. In dieser Wartungszeit fällt natürlich die Heizung aus, aber im Sommer lässt sich das verkraften. Der wirkliche Nachteil ist, dass in der Wartungsperiode natürlich auch das Warmwasser ausfällt, und damit die morgendliche und abendliche Dusche KALT ist. Das hatte ich schon in Polen jedes Jahr, und das hatte ich am Montag hier wieder!
Holla, Überraschung!
Allerdings habe ich jetzt einen kleinen elektrisch heizbaren Boiler in der Wohnung, man lernt ja dazu.

Meine Sekretärin war dann aber ganz stolz auf diese Errungenschaft der modernen Instandhaltungsplanung. Sie schickte mir sogleich einen Link zu einer Webseite, in der man für sein Haus diese Periode für 2014 abfragen kann! Ich will euch Link und Webseite nicht vorenthalten, vielleicht muntert es euch wieder auf!
Die Angaben sind für mein jetziges Apartment: 02. - 11. Juni. Stimmt!



3. Juni 2014

Reiters Morgenlied

Es ist unschwer zu erfahren, dass dieser Blog arm ist an militärischen Themen. Natürlich gab es einen Beitrag zum 9. Mai und die Militärparade über den Roten Platz. Das musste sein. Aber sonst? Es ist Äonen her (wenn es denn überhaupt vorkam!), dass meine Tastatur die Buchstabenfolgen von "welkenden Rosen" und "braver Reitersmann" digitalisieren musste.

Dito für deutschsprachiges Liedgut. Kinderlieder kamen, meine ich, einmal vor. Auch dies verblasst schon im Gedächtnis, und die Ferrit-Partikel der Festplatte fangen schon langsam an sich neu zu orientieren.

Es ist hohe Zeit dies zu ändern!

Ich biete euch heute also eine geballte Ladung schmerzhafter Militärduselei in Form eines deutschen sogenannten Volkslieds. (Der Link führt zur akustischen Version. Von einer Verwendung wird abgeraten.)


Reiters Morgenlied


(Alte Soldatenweise)


Morgenrot!
Leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen,
Dann muß ich mein Leben lassen,
Ich und mancher Kamerad!

Kaum gedacht,
War der Lust ein End gemacht!
Gestern noch auf stolzen Rossen,
Heute durch die Brust geschossen,
Morgen in das kühle Grab.

Doch! wie bald
Welket Schönheit und Gestalt!
Prangst du gleich, mit deinen Wangen,
Die wie Milch und Purpur prangen,
Ach! die Rosen welken all.

Und was ist
Aller Mannsbild Freud und Lust?
Unter Kummer, unter Sorgen
Sich bemühen früh am Morgen,
Bis der Tag vorüber ist.

Darum still
Füg ich mich, wie Gott es will,
Und so will ich wacker streiten,
Und sollt ich den Tod erleiden,
Stirbt ein braver Reitersmann.

Wilhelm Hauff
(* 29.11.1802 , † 18.11.1827)


Natürlich wird dieses Gedicht nicht ohne aktuellen Bezug gelassen. Die bekannte Phrase in der Mitte der zweiten Strophe deutet das heutige Unglück an: Die Wohnung in der Prechistenka wurde heute an einen anderen Bewerber vergeben. Er hatte besichtigt, unterschrieben und zieht am Wochenende ein. 
Die Suchche geeht weidder!

1. Juni 2014

Prechistenka - Das Video

Die Strasse, in der wir wohnen möchten, ist gesäumt von prachtvollen und alten Palästen. Heute habe ich dieses Video gefunden, das einen Spaziergang durch die winterlich-sonnige Prechistenka (gesprochen übrigens "Pretschistenka") bietet. Sehr schöne Aspekte, die einem auf einer zeitlich getakteten Besichtigungstour nicht so auffallen können. 
Das Video ist mit 16 Minuten Dauer deutlich länger als die empfohlene "attention span" von YouTube. Für neue Fans der Strasse lohnt es sich aber. Achtet auf Minute 10:28!


Alea jacta est!

Heute Abend haben wir - wie geplant - die letzte Wohnung besichtigt und sind danach in eine Bar zur Entscheidungssitzung gezogen. Der Entscheid war 2x Pro und eine Enthaltung/Indifferenz, und wir haben vereinbart, dass - wer etwas zu sagen hat - dies jetzt tue oder für immer schweige.

Der Entscheid fiel zwischen Leontievsky 11 und Prechistanka 36, zugunsten letzterer. Nachdem nur die Gewinner die Geschichte schreiben, hier auch nur die Vorteile der Prechistanka:

  • die Anbindung an die Metro ist für Renja und für mich gleich gut, beide haben ca. 16 Minuten Metrofahrt zum Arbeitsort von der Station Park Kultury
  • es war die einzige Wohnung, in der wir den Vermieter persönlich trafen, und einen guten Eindruck hatten
  • wir brauchen nur 20 Minuten und über eine Brücke gehen, und schon sind wir am Eingang zum Gorki-Park
  • wir haben (fast) Rundumblick über die Dächer Moskaus
  • in der Umgebung gibt es viele Botschaften (Finnland und Ägypten, Österreich und UNESCO, Palästina und wahrscheinlich noch weitere), und viel Sicherheit
  • der Tante Emma Laden war der sauberste und vollständigste bisher, und ist nur 100 m weg.
  • der Concierge funktioniert, und ist bewaffnet
  • der Fernseher ist der grösste von allen gesehenen Wohnungen, und hat Dolby Surround
  • die Miete ist 2'000 Euro/Monat geringer als in der Leontievsky
  • eine Satellitenschüssel ist bereits montiert, Astra kann angeblich eingestellt werden
Aber eigentlich ist es die Wohnung, in der wir drei uns spontan am wohlsten gefühlt haben.

Einige Bilder:

Strassenansicht. Unsere Wohnung ist im oberstren Stock, ganz links drei (kleine) Fenster.

Die Küche, in Miele-Qualität. Unter die Abdeckung des Sofas haben wir nicht geschaut.

Der Blick aus dem Küchenfenster nach Südosten. Ein Parkplatz auf dem Hof gehört uns (nicht markiert).

Eingangstür und Flur, vom Fernsehsofa aus gesehen. Links im Flur zwei Bäder.

Bad mit Waschmaschine. Das Fenster ist auch der Notausstieg auf die Feuerleiter (s.u.)

Renjas Raum, muss noch etwas ausgestattet werden.

Der Ausblick aus Renjas und Eltern' Schlafzimmern, nach Nordwesten.
Die "Stalin'sche Schwester" rechts ist das Aussenministerium.

Elternschlafzimmer mit begehbarem Kleiderschrank (und noch Laufband). Und Fernseher über'm Bett!

Wohnlandschaft. Renja will den Teppich draussen haben. Hinten das Arbeitszimmer.
Aussicht aus dem Arbeitszimmer nach Nordosten.

Rückansicht, die Wohnung ist jetzt im 8. Stock (EG = 1) rechts. Die Feuerleiter will niemand ernsthaft ausprobieren!
Das kleine Fenster gehört zur Küche, links davon Bad, dazwischen Klima. Über der Wohnung ist ein (leeres) Technikgeschoss, gut bei Sonneneinstrahlung auf's Dach und bei undichten Dächern.



Wir passen gerade so in den Lift! Seht mein Gesicht, wie mich die moderne Technik fordert!

Das ist die Abzweigung vom Sadovoye Koltso rechts in die Prechistenka, genannt Zubovskaya Ploshchad. Achtspurig.
Unter dieser Strasse müssen Renja und ich dann jeden Tag 2x tunneln, um zur Metrostation zu kommen.
Entscheidungsfindung - leicht gemacht!

Die "White Rabbit" Bar in der Smolenskaya Passage war möglicherweise eine Nummer zu gross für unseren Tag und Stil, wir kamen eben direkt von der letzten Besichtigung und sahen auch so aus. Die anderen Gäste eher nicht so.
Aber wir gewöhnten uns rasch an das komische Gefühl underdressed zu sein und lernten die Kleiderordnung. 

824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...