Das Navi prognostizierte fast genau 5 Stunden Fahrzeit, und wir brauchen schließlich 6 Stunden hierher. Allerdings machen wir eine Pause in Bürgel, einem als “Töpferei-Hochburg“ angepriesenen aber ansonsten farblosen Ort. Es gab tatsächlich auffällig viele Töpfereien dort, fast so viele wie Bäcker!
Aber dort in Bürgel stellte ich erbleichend und abrupt verstummend fest, dass ich nicht nur meine Dauermedikamente sondern auch alle meine Ausweise zu Hause vergessen hatte. Schlimmer noch: es bestand begründeter Verdacht, dass meine Tasche mit allen Papieren und Geld *auf der Straße* liegen könnte, beim Wagen-packen übersehen! Der Nachbar wurde sofort per SMS aktiviert, aber er konnte keine Tasche (mehr?) auf der Straße finden und sichern. Zum Glück sah ich später erleichtert die Tasche per Überwachungskamera im Haus liegen, da war diese große Sorge schon mal weg.
Aber was machen mit den notwendigen (und recht speziellen) Medikamenten? Wo sollte ich die bloß herbekommen? Die einzige Chance war eine Ärztïn in Potsdam zu finden, die mir ein Rezept schreibt. Nur: meine Gesundheitskarte war doch in der Tasche zu Hause, und ohne Kärtchen läuft wohl nix in einer ordentlichen Praxis! Aber daran durfte es jetzt nicht scheitern, Kopf hoch und durch!
Ich telefonierte also noch während der Fahrt mit einer Ärztin nahe unserer Unterkunft, die bis 18:00 Uhr Sprechstunde hatte, schilderte meine vertrackte Lage - und bekam tatsächlich von der freundlichen Arzthelferin einen Termin („kommen Sie mal
Das Fehlen der Gesundheitskarte passte aber dann doch nicht in ihr Konzept. Selbst die energische Bestätigung von Ulrike („das ist doch mein Mann! Hier, sehen Sie, das ist mein Ausweis!“) wirkte nicht. Ich musste bei der Versicherung anrufen und dort einen Behandlungsschein per Fax in die Praxis anfordern. Das klappte tatsächlich innerhalb von 2 Minuten, das Fax war vor mir in der Praxis. Im Wartezimmer konnte ich gerade mal ein Sudoku lösen, dann war ich schon dran („sind Sie Kollege?“) und schilderte der netten Ärztin wieder mein Malheur und meinen Medikationsplan. Als sie die Wirkstoffe hörte wurde ihr dann doch etwas mulmig („zum Glück sind es wenigstens keine Morphine!“) und sie fragte mich nach irgendwelchen Belegen. Hatte keine.

Außer der Telefonnummer meines Hausarztes daheim. Den rief ich aus dem Sprechzimmer aus an und die dortige Arzthelferin bestätigte der Potsdamer Ärztin online alle Medikamente. Puh, das war knapp! Froh nahm ich die beiden Rezepte entgegen und rief Ulrike im Schuhgeschäft an. Dann ging ich auf Suche nach den Medikamenten selber, versuchte es in drei Apotheken (alle sehr nett, wirklich), um sie resigniert und 2 Minuten vor Ladenschluss für den nächsten morgen zur Abholung zu bestellen.
Der Rest ist kürzer erzählt. Wir schlenderten durch die breiten, kopfsteingepflasterten Straßen/Alleen der Altstadt und sahen Stadttore. Und Velos, viele Velos! Im Restaurant „zum fliegenden Holländer“ im
Holländischen Viertel aßen wir dann deftig zu Abend und tranken jeder zwei große Radler/Weizen alkoholfrei. Es war lecker und wurde dann ab 19:30 Uhr schon recht kühl, eher so Anorak-Wetter.