29. September 2013

Nachlese des "Warsaw Gallery Weekend"

Warschaus Skyline, gesehen von der Galerie "lokal_30" in der ul. Wilcza

Erst mal dem Ärger Luft machen: Jetzt hatte ich schon ganz viel geschrieben, dann wollte ich noch ein fehlendes Bild hinzufügen, und diese Aktion hat alles bisher Geschriebene wieder gelöscht. Inklusive Speicher.
Polen sagen dann "kurwa", mit ganz böse grollendem "r".

Also nochmal von vorn.

Dieses Wochenende ist das "Warsaw Gallery Weekend", und da haben etwa 20 Galerien spezielle Öffnungszeiten und Angebote. Natürlich habe ich mich darauf vorbereitet. Intensives Studium der Ausstellungen erlaubte mir die Auswahl der anzustrebenden Galerien gemäss der Kriterien Künstler und Stil (nur Bilder, keine Videos oder Groß-Skulturen oder so'n Kram), und Erreichbarkeit. Es blieben zehn Galerien übrig, von denen ich dann heute nachmittag sieben besuchte. Alles zu Fuss, und das war richtig spannend. Natürlich hatte ich die Laufroute von Google Maps berechnen lassen, und punktiert in die ausgedruckte Marschkarte eingezeichnet. 4,7 Kilometer waren es, machbar in 59 Minuten (natürlich ohne die Besichtigungen).

das Fazit fällt durchwachsen aus. Drei Galerien waren sehr anregend (Le Guern (die grösste Galerie am Platze), Bochenska, und Aleksander Bruno), Raster hatte interessante aber unpassende Kollagen, und drei Galerien waren überflüssig bis schrecklich (Czulość, lokal_30, Piktogram). Czulosc hatte nur einen einzigen Druck (!) an die Wand gehängt, ich hatte den Eindruck sie waren gar nicht vorbereitet - obwohl sie doch auf der Teilnehmerliste des Wochenendes standen! Es kann sein, das der persönliche Eindruck bei meiner Beurteilung mitgespielt hat: in Le Guern wurde ich eben von der Galeristin wiedererkannt, per Handschlag begrüsst und dem Maler vorgestellt, während ich im Piktogram ganz alleine den gezeichneten Wahnvorstellungen des Künstlers ausgeliefert war (der Künstler war auch anwesend, was es aber nicht eben besser machte).

Was bleibt?

Zwei Künstler gefielen mir, und ich hab die abphotographierten Bilder unten angeheftet (genau: die Bilder, die vorhin den Text löschten!!!): Włodzimierz Jan Zakrzeweski und Teresa Pągowska. Jan habe ich getroffen, Teresa ist 2007 gestorben. Beide haben eine lange internationale Liste von Ausstellungen und Preisen aufzuweisen, malen sehr unterschiedlich - aber sprechen mich spontan an. Ich muss ein Bild eines Künstlers ja innerhalb von 5 Sekunden mögen, sonst wird's nichts mit uns. Schönen "Mainstream" mag ich nicht, die Bilder müssen sich brechen und irgendwie Spannung aufbauen (das ist der Effekt, wo andere sagen "es passt nicht zusammen"). Natürlich fragte ich nach den Preisen. Während Zakrzewski für 8'000 bis 15'000 Złoty gehandelt wird, kosten die Bilder der Pągrowska eher so um die 90'000 Złoty, also rund 20'000 Euro. Ich liebe Zakrzewski!

Was sonst noch geschah.

Es war in sehr anregendes Erlebnis zu Fuss Galerien quer durch die Stadt zu suchen. Es brachte mich in Gegenden, in die sonst nie und nimmer Touristen kommen, und diese Gegenden waren voll mit kleinen Geschäften mit allen Angeboten. Neben dieser erwähnt uninformierten Galerie Czulość war zum Beispiel ein ganz famoses Bio-Café mit kleinen Marktständen und drei (!) Hof-Metzgereien. Auch fand ich für Rhea schon das Weihnachtsgeschenk (das Geburtstagsgeschenk hat sie ja schon gekriegt, aber noch nicht ausgepackt, so wie wir sie kennen). Nein, es ist keine polnische Wurst. Und es gab (ebenfalls abseits der Touristenpisten) verschiedene Luxusmeilen, mit Ferrari-Shop und japanischer Mode, italienischen Möbeln vom Feinsten und edlen Restaurants. Letztere allerdings eher verteilt, einfach so in einer Wohnstrasse oder in einer alten Fabrik.
Ich war in der "Soho Factory" mit Oldtimer-Ausstellung und Designstudios, mit schönen Restaurants (in denen man selber unter Anleitung des Chefs für seine Familie oder Freunde kochen kann) und einem Leuchtreklamen-Museum (siehe Bild). Und ich fuhr am neuen Europameisterschafts-Stadion vorbei, wobei mir eher die wohl hundert Pixi/Klos vor dem Eingang auffielen. Ist wohl was schiefgelaufen bei der Planung ...
Warschau bietet schon viel. Es ist ja auch gross: 3 Millionen Einwohner, und wenn man über die Stadtgrenze fährt sind es immer noch 10 Kilometer zum Zentrum. Bin mal gespannt, was Renja dazu sagt.


Włodzimierz Jan Zakrzeweski ,
"Bitwa o Jeziora Mazurskie" (1914, 2008), 48 x 44 cm, 15'000 zł


Włodzimierz Jan Zakrzeweski , 
"Ocalenie Kosmy i Damiana" (2013), wg obrazow Fra Angelico i Hieronymusa Bosch'a


Teresa Pągowska
"Der 23. Tag" (2001)


Teresa Pągowska
"Hund", Kollage (1971?)


Leuchtreklame-Museum (die Buchstaben kann man auch kaufen)


So'n Graphiker in der Galerie Piktogram/BLA  in der Soho Factory


Noch'n Graphiker in der Galerie Piktogram/BLA  in der Soho Factory


Ralph Rutte
"Biologischer Preßsack mit Kümmel"
unverkäuflich und unbezahlbar



2 Kommentare:

  1. haha, hat's geschmeckt? Sieht super aus.
    Und die Bilder, joa. Dir müssen sie ja im Endeffekt gefallen. Hast schon recht, so ein wenig unruhig und störend sind manche der gezeigten Werke.
    Warschau klingt super spannend! Das muss doch jedem gefallen. Ich erinnere mich noch gerne an die paar Meter, die wir dort geschlendert sind.
    Hast du schön geschrieben, vielen Dank fürs wiederholte aufsetzen.

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  2. Toll, Reida - kaum veröffentlicht, schon kommentiert!

    Ihr müsst auch mal herkommen, dann machen wir zusammen die Stadt unsicher.

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