25. Februar 2015

Dschungelcamp? Kann ich jetzt selber!

Einkaufen bei der METRO ist ja immer ein Erlebnis. Grosse Packungen feiner Gastroartikel (1 Kilogramm Goldbärchen!), guter Wein (für hier, trotz Sanktionen auf italienische Nahrungsmittel) und gutes Fleisch wechseln sich in endlosen Regalreihen ab. 
Es gibt frische halbe Spanferkel, und ganze Schinken mit Bein!  Und es gibt ein Regal mit "Sonstigen Fleischprodukten" wie Züngchen, Nieren und :


Hammelhoden!

8. Februar 2015

Blogpost 602

Gestern schrieb ich den 600. Blogeintrag unter sprachwand, damit ist dieser hier die Nummer 602. 

Letzte Woche las ich in digg einen Artikel über Astrobiologie. Zunächst dachte ich bei diesem Stichwort an Alien-Humbug, Area 52- und UFO-Halluzinationen. Es ging aber um den Bericht einer NASA-Tagung über die Frage, was die Menschheit denn wohl machen würde, kämen einmal solche Aliens wirklich. Historische Parallelen aufeinanderprallender Kulturen sind da ja oft wenig erfreulich ausgegangen (Cortes und die Azteken, die Ausrottung und kulturelle Deprivation der Indianer Nordamerikas, usw). Und hier sprechen wir über wenige Jahre historischer Distanz auf der Erde, in astronomischen Dimensionen also nahezu zeitgleich. Wäre der Mensch fähig eine andere Biologie und unbekannte Werte zu akzeptieren, sie gegenenenfalls als die Überlegenere an- bzw überhaupt zu erkennen? Warum tut er das dann nicht bereits heute mit einigen Tieren? Macht es Sinn über die Kommunikation mit extraterrestrischer Intelligenz zu schwadronieren, so lange wir noch nicht einmal die Delphine verstehen?

Es ging also bei der Tagung wohl eher um "Astro-Ethik" als um angebliche Spuren von Mikroben auf Meteoritenbrocken oder quiekende kleine grüne Eierköpfe. Ethik auf undenkbare Beziehungen auszuweiten ist doch ein tolles Gedankenexperiment, wenn auch wesentlich fruchtlos. 
Es sprach bei der NASA auch ein Astronom aus dem Vatikan. Und den stelle ich mir als nun einmal wirklich spannenden Gesprächspartner vor, denn der muss zumindest für sich selbst viele gedankliche Brücken gebaut haben!

"Kanone: Bumm-Bumm!"

Das Hotel Gogol ist wirklich ein guter Basispunkt für die Erkundung Sankt Petersburgs. Es ist nicht nur sauber und bietet zu gutem Preis alles erforderliche, es liegt auch zentral an der Station dreier dort kreuzender Metro-Linien. Heute war die violette Linie unser Medium. Übrigens: die Bezahlung der Metro funktioniert in STP nicht mit gewohnten antiökologischen Wegwerf-Papierkarten mit Chip, sondern mit recyclierbaren metallenen Jetons! Man kauft sich für 31 Rubel/Stück die Münzen, und jede Person wirft eine davon in das Drehkreuz und betritt den Fahrbereich. 

Ich konnte micht anders und beschäftigte mich während der Talfahrt mit den Dimensionen der Rolltreppen. Wir fuhren 2' 04", die Länge war 126 Meter, und die Neigung 31 Grad. Jetzt könnt ihr alle ausrechnen, wie die senkrechte Sinkgeschwindigkeit war! 😀 Hilfestellung: Nicht-🍼.

Unser Ziel war die Hasen-Insel mit der Festung und der Peter-und-Paul-Kathedrale auf der anderen Seite der Neva. Schon im Schlossgraben steht ein Polder mit einem kleinen Hasen darauf. Man kann den Polder mit einer Münze treffen und darf sich dann etwas wünschen. 



Wir besichtigten die Kathedrale und das Gefängnis. Die Insel war im 19. Jahrhundert eine Romanow-Hochburg, die meisten Familienmitglieder wurden dort in der Kathedrale begraben, und sie (aber nicht nur sie!) warfen dort ihre Gefangenen ins Gefängnis. 

Die Sarkophage von Zar Peter I. und Katharina I. und anderen:


Auf dem abgebildeten Stammbaum der Romanows fanden wir zwar Alexander (sogar mehrere!), aber keinen Konstantin (Dauerleser erinnern sich an die Orts-und Strassennamen bei Lodz in Polen?). Der Grund für das Fehlen: Konstantin war Vizekönig in Polen, als er eine Bürgerliche heiratete und auf die Thronfolge verzichtete. Das wussten aber so wenige Leute, dass er beizeiten doch zum Zaren gekrönt wurde und seinen Konstantin-Taler prägen liess. Er wiederholte dann jedoch offen seinen Verzicht auf den Thron und trat zurück. Als Konstantin nach Polen zurückkehrte, erwies er sich als so roh und brutal, dass ihn eine Rebellion vertrieb. Der Verhaftung kam jedoch die Cholera zuvor ...

Die pastelle Farbgebung der obersten Kuppel in der Kathedrale verstärkt den Eindruck der lichten Höhe:


Das Gefängnis machte eigentlich keinen so schrecklichen Eindruck, eher den eines gepflegten Museums. Wir hatten sogar den Eindruck, dass die (meist politischen) Gefangenen dort möglicherweise mehr Platz als zu Hause hatten! Das täuschte wahrscheinlich ...

Beim Verlassen des Gefängnis' war es 11:58 Uhr. Wir eilten zum Paradeplatz, um noch zur Zeit des Mittagsschusses der Kanone dort zu sein. Der war uns ja beim Ticketkauf extra ans Herz gelegt worden: "12 Uhr, Kanone, bumm, bumm!" Wir schafften es fast bis zum Platz, sahen schon alle Leute dort in unsere Richtung blicken. Als es knallte verstanden wir auch die Blickrichtung: die moderne 120 mm-Kanone stand auf dem Dach des Hauses, an dem wir eben vorbeiliefen - wir bekamen die volle Wucht des Schusses direkt über unseren Köpfen ab!

Der folgende Bummel auf der Wehrmauer erlaubte einen tollen Blick über die zugefrorene Neva hinüber zur Hermitage. 




Durchgefroren fuhren wir zum Hotel zurück, holten das Gepäck dort ab und fuhren zum Flughafen. 

Es war ein schöner Wochenendausflug nach St Petersburg. 

7. Februar 2015

14131 Schritte in St. Petersburg

Gestern abend kamen die beiden Mädels fast pünktlich aus Moskau in Pulkovo LED an. Unser lokaler Mitarbeiter Roman war so nett zuerst mich im Hotel und dann gemeinsam Ulrike und Renja am Flughafen abzuholen. So um Mitternacht setzte er uns im (sehr empfehlenswerten!) Hotel Gogol ab. Wir gingen noch in die Bar und assen Grillgemüse mit Fritten, als fast einzige Gäste und bis um Eins.


Tagwach war um 07:30 Uhr, Frühstück um 08:30 (für die Mehrheit zumindest), wir wollten der möglichen Schlange vor der Kasse der Hermitage zuvorkommen. Es gelang uns auch, und Renja kam als Schülerin sogar umsonst hinein. Die Metro-Fahrt vom Hotel zur Hermitage war kurz, die Rolltreppen atemberaubend tief (? oder sind Rolltreppen lang?). Die Metro soll ja die tiefste der Welt sein. 


Durch dichtes Schneetreiben erreichten wir den Dvortsovaya-Platz vor der Hermitage, mit zwei lustig im Kreis sausenden Schnee-Kehrmaschinen. 


Die Ausstellungen der Hermitage sind grossartig. Wir fragten uns, wie lange man wohl braucht sie gesamt anzusehen, und kamen zum Schluss, dass man das so einfach nicht beantworten könne. Die Exponate und Räume sind untadelig in Ordnung, und gut gruppiert. Wir konzentrierten uns heute weniger auf Bilder und Skulpturen, sondern auf die Zaren-Gemächer und die Sonderausstellung "Gold". Die Hermitage ist ja "nur" das Winterpalais. Wie lebte so ein Zar in einem solch riesigen Haus, welche Treppe benutzte er/sie, und was ging alles ab in den immer noch vornehmen Räumen des dritten Stocks?


Placeholder:



Der Grüne Salon, Hühnchenfuß-Türgriff und Malachitsäulen:


Essgeschirr: Lecker ist aber anders!


Der Thronsaal:


Die Kirche:


Die Ahnengalerie und der Stammbaum:



Ein Hausmantel, mit tausenden von Perlen bestickt:


Durch die Sonderausstellung "Gold" wurden wir von einer Russin geführt, die leider mit dem englischen "th" etwas übertrieb (vielleicht lispelte sie ja auch sonst?!). Das machte es anfangs schwierig ihren Erklärungen zu den Skythen zu folgen ("thkythen"), sie erinnerte mich sehr an Evelyn Hamann mit ihrem Paradesketch "Lord Skytherditch von Schloss Castleforth". Die Ausstellung zeigte aber grosses Kunsthandwerk, zur guten Hälfte aus dem Gebiet von Don, Dniepr, und Schwarzmeerküste. 





Auch Dolche mit zwei riesigen, fünfkarätigen Diamanten und weissen Alabastergriffen aus Mesopotamien waren ausgestellt, neben griechischen und chinesischen Gastgeschenken an die Zaren. Wir wissen ja wie beliebt Zaren waren, und wie bescheiden!




Das zweite, unterstützende Treppenhaus, wohl für die Kaviarlieferanten:


Der Boden aller Zimmer bestand aus wunderbaren Holzintarsien - und war glatt und unversehrt trotz der derben Winterschuhe aller Besucher!


Nach sechs Stunden in der Hermitage schlenderten wir noch den Nevskiy-Prospekt hinauf, machten Tee-Pause in der "bibliotheka", und kamen dann bis zur Kazaner Kathedrale. Drinnen wand sich eine lange Schlange Wartender vor der Ikone der Maria von Kazan, die alle beten und das Bild küssen wollten. Mitten in dem Getümmel der Besucher fing ein Priester an einem kleinen Jesus-Altar an Weihrauch zu verbrennen und die handgeschriebenen Fürbitten der Gläubigen zu singen. Die Blätter für die Fürbitten kann man kaufen ("Ablass"?).
Durch Schneemasch liefen wir dann müde und im Dunklen an Honigläden vorbei


zum Hotel zurück. Direkt daneben liegt das russische Restaurant  Severyanin


Die Speisekarte war köstlich, die Auswahl fiel schwer:
- Starter waren halbgefrorenes Reh-Carpaccio, und Lamm-Zünglein
- Zum Hauptgang gab es Spanferkel, Beringsee-Lachs und fleischgefüllte Pelmeni-Teigtaschen
- und das Dessert war Kirsch-Kompott und Sanddorn-Schaum. 
Ach ja, für die Alten gab's noch einen "kryenvukha", einen mit frischem Meerettich aufgesetzten Vodka. 

Nach 14131 Schritten durch Ausstellung und Stadt war das Essen verdient!


2. Februar 2015

Sammlung Georgy Costakis und Zorikto Dorzhiyev

Oh nein, nicht schon wieder ein Blog über Kunst!

OK. Natürlich könnte ich heute auch schreiben, wie Ulrike und ich gestern Einkaufen waren. Unsere Tochter hatte uns verlassen. Wir fuhren in's Filion, weil dort ein Auchan-Supermarkt und der OBI angesiedelt sind. Im Auchan kaufen wir meistens ein, und wir kennen uns in den Regalen auch schon aus (es sei denn, das Management hat wie diese Woche entschieden die Obstsäfte neben die Waschmittel umzupositionieren ...). Wir sichern uns immer schon rechtzeitig im Parkhaus einen Einkaufswagen (seeehr wichtig!) und schwärmen nach dem Eintritt aus: ich mache das Obst, Ulrike das Gemüse, danach gemeinsam Körperpflegeprodukte, Wein, Eier, Brot, usw., bis als Abschluss die Süssigkeiten und Essigprodukte eingeladen werden. Die Auswahl der Kasse ist wieder kritisch: nur rechtsläufige Kassen werden gewählt (d.h. das Band liegt in Bewegungsrichtung rechter Hand), denn nur diese erlauben ergonomisch günstiges Einpacken direkt in den Einkaufswagen! Ein Wocheneinkauf für uns drei kommt fast immer irgendwo zwischen 8000 und 10000 Rubel zu stehen, das sind jetzt 100 bis 125 Euro und war schon mal mehr.
Spannend war dagegen der Besuch beim OBI. Dort sind ja viele Produkte deutsch angeschrieben ("Tapetenkleister Metylan"), man fühlt sich wie daheim. Sozusagen. Diesmal stand aber eine besondere Herausforderung an: der Kauf eines Heizkörperschlüssels. Das ist schon in einem deutschen OBI keine triviale Aufgabe. Hier musste ich mich jedoch durchfragen, nachdem Ulrike und ich alle Regalreihen ergebnislos durchkämmt hatten. Ich hörte sechsmal Нет und einmal "moment!". Der Moment-Mann schritt zielsicher zum Regal mit den blauen LUX-Schraubendrehern und griff sich in Kniehöhe den winzigen Karton mit zwei daraufgeklebten Heizkörperschlüsseln! Ein rasch gegoogletes Bild eines solchen Schlüssels half eben doch sehr bei der Kommunikation!

Jetzt entführe ich den bereits eingelullten Leser aber doch noch zur Kunst.

Sonntag war Tauwetter, eigentlich nicht sehr attraktiv für Aussenaktivitäten. Trotzdem liefen die beiden einsamen Alten eine Runde, durch den Alexandergarten über die Moskva zur Neuen Tretyakov-Galerie.

Der Skulpturenpark vor der Tretyakov-Galerie, in dräuender Beleuchtung.
Drinnen läuft die Sonderausstellung zur Sammlung Georgy Costakis, einem griechischen Botschaftsfahrer (?) und Kunstsammler in Moskau, der sich für die russische Avantgarde (vor allem die Jahre 1910 - 1940) interessierte und über 300 Bilder kaufte und handelte. 1977 "interessierte" sich der KGB jedoch für ihn, und er beschloss kurzfristig das Land zu verlassen. Er bekam vom ZK der KPdSU "ausnahmsweise" die Erlaubnis, eine Hälfte der Bilder mitzunehmen, wenn er die andere Hälfte russischen Staatsarchiven schenkt (was er klugerweise dann auch tat). Und diese Hälfte haben wir gestern gesehen, die andere hängt in Thessaloniki. Eine sehr schöne Ausstellung, ich mag die Konstruktivisten ja.

Georgy Costakis: Ein kleiner Teil der Exponate, von der Galerie gesehen.


Solomon Nikritin: Farewell to the Dead (1926)

Dann war da aber noch die andere Sonderausstellung "Imaginary Reality", die wir eigentlich mehr zufällig entdeckten: Zorikto Dorzhiyev aus Ulan-Ude, nahe der Mongolei. Die hat uns dann richtig gut gefallen! Zarikto malt auch Kinderbücher, und das macht viele seiner Bilder so heiter. In der Galerie hatten die Besucher ein freundliches Schmunzeln auf den Lippen, und freuten sich wenn sie wieder ein feines Detail auf einem Bild entdeckten. Nicht dass die Bilder banal gewesen wären! Und günstig sind sie erst recht nicht: bei einer Auktion stellte Uma Thurmann kürzlich ein Bild vor, dass dann für $ 40'000 gehandelt wurde.


Zarikto Dorzhiyev: "Ein Haufen kleiner Leute" (2007)

Zarikto Dorzhiyev: "Das Mädchen mit den Pfirsichen", nachempfunden dem gleichnamigen Bild von Valentin Serov, das einen Stock darüber in der Tretyakov hängt. Aber auf diesem Bild hat das Mädchen schon einen der Pfirsiche genascht ...

Zorikto Dorzhiyev: "Dorfszene". Man beachte den flotten Habitus der Babushka: Pilotenbrille und Turnschuhe!

Zorikto Dorzhiyev: "Musik"


Als wir dann aus der Galerie herauskamen und vor dem Heimweg noch einen Tee trinken wollten, fanden wir einen tollen Laden für Künstlerbedarf. Alle möglichen Farbsorten, Leinwand auf Zuschnitt, Spatel und, und, und. Und Pinsel: 





824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...