21. Juni 2015

Potpourri

Es ist schon einiges passiert in den letzten Tagen, erwähnen möchte ich hier aber nur drei Erlebnisse.

Erstens ist mir mein letzter Weisheitszahn (!), die Nummer 48 in meinem Zahnschema, unrettbar zerbrochen, während ich einen mehligen Apfel kaute. Dies führte zu einem kurzfristig angesetzten Arztbesuch in der hochmodernen Zahnklinik, die in der gesamten Anlage auf dem gleichen Stockwerk wie die Mammographie lag. Ich war entsprechend am Samstag morgens das einzige männliche Wesen dort!

Aber die dreidimensionale, hochauflösende CT-Aufnahme des Kiefers ist Spitze, sie gaben mir meine Datei plus Viewer mit. Es ist wirklich interessant daheim in Ruhe die Knochenstruktur seines Gesichts und des Kiefers inklusive der durch Bundeswehrärzte ramponierten Kieferhöhlen zu erforschen.

Zweitens habe ich den ersten Shot in der Dashcam, der es wert ist mitgeteilt zu werden. Am gleichen Samstag Morgen um Neun waren nämlich noch viiiiele Partygäste unterwegs, die Strassencafes des Prospekt Mira waren gut gefüllt mit Leuten im schwarzen Smoking, etc. Und vor dem weltberühmten Cafe Pushkin wurde eine Dame der Einfachheit halber für den Heimtransport in den Gepäckraum des geräumigen G-Mercedes eingeladen. Seht selbst:


Drittens war ich Freitag Abend von einem per Mail bekannten Angehörigen der Russischen Botschaft in der Schweiz zum Essen eingeladen: "Wir treffen uns um Sieben vor dem Aussenministerium und fahren dann mit dem Auto zum Essen." Es gab ein Thema, das wir im Februar einmal kurz angerissen hatten (auf Wunsch unseres Vorstandes), er konnte dann zu einem Treffen nicht erscheinen, und ich dachte mir nichts Böses, als er nun nach einer Weile wieder an den Faden anknüpfen wollte. Die Begrüssung war freundlich. Stutzig wurde ich, als es sich bei dem "Auto" um einen S63 V8 Biturbo AMG-Mercedes handelte - das schien mir etwas gross für einen Botschaftsattache! Im Auto dann wurden mir zwei andere Herren auf den Vordersitzen vorgestellt: "Ich habe noch meine beiden Freunde Igor und Anton mitgebracht, sie sprechen leider nicht Deutsch, aber können uns sicher beim Verhandeln helfen".
Vielleicht habe ich ja Vorurteile. Oder zu viele böse Russen in amerikanischen Filmen gesehen, was weiss ich. Aber diese Formulierung war einfach zu viel Cliché! Noch schlimmer wurde es, als ich Anton, den Besitzer des Kleinwagens, auf dem Parkplatz des Nobelrestaurants draussen im Wald an der Moskva aussteigen sah: Offenes Hemd bis zur Brust (oh, so viel Haar!) - und violette Krokoleder-Schuhe! Wirklich!
Ich kämpfte den ganzen Abend gegen meine Vorurteile an, es war und ist eine schwierige Situation.

18. Juni 2015

BMW und Audi in der Bryusov



Hier seht ihr einen BMW "Ghost II" und einen Vorjahres-Audi Aventador friedlich hintereinander in der nahen Bryusov-Gasse stehen. Kurz vor dem Photo parkte vor dem Rolls-Royce ein Porsche - da stand es noch 2:1 für Volkswagen! Was ist das nur für ein Name!

Hier war früher der Imbiss "Meat Point", aber dessen Bude wurde ja leider abgerissen. Für Parkplätze eben, mit besonderen Fahrern. 

12. Juni 2015

Dyen Rossiya 2015, und yakutisches Mas-Wrestling

Also eigentlich wusste gestern im Büro nur eine einzige Mitarbeiterin was am heutigen "Tag Russlands" denn überhaupt gefeiert wird: die Deklaration der staatlichen Unabhängigkeit Russlands im Jahre 1990. Die anderen Kollegen nuschelten etwas von "Sieg über die Polen", nannten wilde Jahreszahlen wie "1212",  oder hatten keine Idee. Hauptsache arbeitsfrei! Es wusste auch niemand was heute wo in der Hauptstadt läuft, begleitet mit Hinweisen auf dieses Internet (davon sprechen ja in den letzten Jahren immer mehr Menschen, selbst im Fernsehen!).

Wir wussten allerdings schon aus eigener Erfahrung, dass der Rote Platz für drei Tage voll gesperrt wurde, die alten schmiedeeisernen Tore sind alle geschlossen. Da hatten wir schon davor gestanden, als wir Neubesucher Max abends noch herumführten. Dafür haben wir nachts andere schöne Sachen gesehen. 



Heute war also arbeitsfrei, und wir gingen zu Dritt in den Kolomenskaya-Park. Mit der Metro fuhren wir zur Station Kazhirskaya, und gingen zuerst über die Strasse in die Markthalle, zu meinem Lieblings-Azerbeidschaner. Wir kauften wunderbare Tomaten mehrerer Sorten, und die ersten Kirschen (leider war kein Photobeweis der Früchte mehr möglich - es ging dann auf einmal alles so schnell!).


 


Der Spaziergang durch den Park war sonnig, und stellenweise sehr, sehr steil (vor allem dort, wo wir den waldigen Hang zur Moskva hinunterrutschten, nur um ganz unten vor einem unpassierbaren Sumpfgelände zu landen! Es gab nur einen Weg zurück ...). Im üblichen Halligalli-Gebiet des  Parks nahe der Station Kolomenskaya jedoch, da war was los. Die ostsibirische Region Yakutien zeigte hier und heute Leute, Kultur, und Sport. Yakutien liegt 6-7 Zeitzonen östlich von Moskau, noch deutlich weiter als Shanghai. Yakutsk selber ist die kälteste Grosstadt der Welt, gebaut auf Permafrost-Boden; Durchschnittstemperatur im Winter ist -34 Grad (winterliche und sommerliche Temperaturrekorde waren -64 und +38). Auf der Bühne wurde geschmeidig getanzt zu den Klängen eines yakutischen Orchesters (in Tracht, und mit elektronischen Violinen), und es gab einen Schönheitswettbewerb mit 10 Teilnehmerinnen und echter Jury. Wir sahen die Kandidatinnen  in Tracht mit anmutigen Bewegungen bei der Vorstellung, den Bikini-Auftritt vermieden wir dann lieber!

Es gab auch einen yakutischen Schuster. Und einen Maultrommel-Hersteller!



Dann wurden wir durch lautes Gejohle von Grasplatz abgelenkt und entdeckten eine uns neue Sportart: Mas-Wrestling. Ganz toll, für Männer, Frauen und Kinder, aber schwer zu beschreiben. Der Sport kam 2003 von Eskimos, und wurde 2011 in die internationale Strongman-Auswahl aufgenommen. Organisiert wird alles von der IMWF, der International Mas Wrestling Federation. Und heute fand das All-Russische Mas-Wrestling Championat 2015 statt. Seht selbst den Kampf von Elena (blond) mit einer leider unbenannten Gegnerin, und vom 2-Meter-Hünen Victor Kolibabchuk (rechts) mit Anatoli Shmederov.

7. Juni 2015

Formula E auf dem Roten Platz

Die Uferstrasse an der Moskva und der ganze Bereich rund um die Basilius-Kathedrale waren gesperrt, und mit weissen Zelten oder Tribünen bedeckt. 


Der ganze Rennzirkus fand aus Effizienzgründen an einem einzigen Tag statt. In zehn Stadtzentren der Welt summen die Elektroautos über den Asphalt, vor Moskau in Berlin und dann in drei Wochen zum Abschluss in London. 10 Rennställe halten sich je zwei der ansonsten für alle Teams identischen Rennwagen und einige Fahrer. Bei den Rennen kommt es einzig auf das fahrerische Können an, die Wagen müssen sogar getauscht werden! Das Geräusch ist natürlich ganz anders als bei Benzinern, eigentlich hört man nur ein mikrophonisches Sirren der Wechselstrom-Motoren. Aber alle Teams geben sich viel Mühe der Formel 1 nachzueifern, wenn es auch manchmal noch an manchen Details fehlt. Zum Beispiel am Sponsorengeld! Aber nicht an den Hostessen:


Wir hatten super Plätze auf der VIP-Tribüne A1, direkt an der Schnellen Kurve in die Uferstrasse und dem Ausgang aus der Boxengasse. Im Bild fährt gerade mein Favoritenteam von Audi Abt aus Kempten. Ulrike feuerte das Team Trulli an. 



Es gab auch ein Pausenprogramm, in dem wir leider wohl unsere VIP-Privilegien unterschätzten und den Besuch in der Boxengasse verpassten. 




http://www.youtube.com/watch?v=V4gVpOJjbzg

Und, wer hat's gewonnen? Die Schweizer! Auf dem dritten Platz, hinter zwei Brasilianern! So wehte gestern über den Roten Platz die Schweizer Fahne und die Hymne schepperte etwas blechern aus den Lautsprechern. 



Wir nummelten dann durch die Stadt zum Restaurant "Kamchatka" und assen Beefburger zum grossen Zhiguli-Bier. 



Das Menü zur Auswahl:


824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...