6. März 2014

So voller Hoffnung ...

... ist die Ukraine, so voller Hoffnung.

Ich fühle mich wirklich sicher hier, der Tag war fast normal.
Das Flugzeug von Moskau nach Kiew war proppevoll mit ganz normalen Reisenden, kein Platz war unbesetzt. Die Landung in Kiew war regulär, wir wurden vom Firmenfahrer empfangen. Auf der Fahrt gab es eine einzige Streife mit Gewehren, die an der Hauptstrasse stand, sonst war alles wie gewohnt. Wir verbrachten den Tag im Büro mit Gesprächen und gingen zum Lunch in das benachbarte Steakhaus, wie gewohnt.  Beim Mittagessen sassen uns die zwei ukrainischen Mitarbeiter gegenüber und wir sprachen natürlich über die Situation des Landes, ihres Landes. Sie waren mit voller Überzeugung dabei. Sie waren selber auf dem Majdan gewesen, hatten dort neue Freunde gemacht, und glauben ganz fest an eine gute Zukunft. Ihre Position ist, dass der Majdan eine Bewegung der Mittelschicht ist, die endlich ohne die ewige Bestechung frei leben will. Es war überwältigend, mit welcher Inbrunst sie diese Position vertraten. Es sind beide keine "jungen" Leute gewesen, so in meinem Alter, aber sie hatten das Feuer der Überzeugung in ihren Augen. Sehr motivierend!
Wir flogen am Nachmittag mit UTAir von Kiew nach Donetsk weiter, ich schlief die 90 Minuten in einer schnurrenden Turbopropmaschine. Am Flughafen Kiew gab es die bisher einzige Strassensperre: 10 Mann einer bunt-gemischten Bürgerwehr in Tarnanzügen hatten aus Reifen und Brettern eine Barrikade gebaut und inspizierten grimmig blickend alle Fahrzeuge. Wenn das die neue Regierung ist, dann gibt es hier noch viel zu tun! Wir waren jedoch anscheinend nicht ihre Zielgruppe und passierten ohne Kontrolle.
Wir kamen gut am Sergej Prokofiev Flughafen in Donetsk an (das mit seinen 1,1 Millionen Einwohnern so gross ist wie München, und eine starke Kohle-und Stahl-Industrie hat), und der lokale (uzbekische) Werks-Chef hatte uns einen Fahrer geschickt. Allerdings hatte er heute zu unserer Beruhigung den Chef der Werkssicherheit mitgegeben, so ein typischer drahthaariger 1,90-Mann in einer Bomberjacke, der bei jedem Halt an einer Tankstelle ersteinmal das Gelände sicherte bevor wir aussteigen durften. Vor dem Flughafen gerieten wir in einen laut hupenden Autokorso mit ukrainischen Fahnen, der fast fröhlich seine Runden durch die Stadt zog.
Das Hotel, in dem ich gerade schreibe, gehört dem lokalen Oligarchen, wie auch die Tennishalle auf der anderen Strassenseite. Wir checkten ein, und trafen uns gleich wieder mit dem Fahrer (und Security) um zum Dinner ins шале zu gehen, es war sehr gediegen dort, wenn auch etwas diskomässig. Das Essen war lecker, die sauren Pickles (grüne Tomaten und Wassermelone) hervorragend. Natürlich wurde kräftig reihum getoastet, der uzbekische Werkleiter, sein russischer Produktionsleiter, die ukrainische Dolmetscherin und Qualitätsverantwortliche, und die beiden deutschen Gäste waren sich in der Beurteilung der Lage meist sehr einig und stiessen an auf die Zukunft und den Frieden. Wir stiessen oft an, um Mitternacht war ein Liter Wodka weg (zu Viert!). Da ich jedoch nur Wasser dazu trank, und das auch immer gleich nach den Trinksprüchen, fühle ich mich jetzt nach der kurzen Nacht zwar angeschlagen, aber durchaus fit. Der Kollege J. trank Bier zum Wodka, und er dürfte sich nicht so toll fühlen heute.

Es war richtig den Besuch jetzt zu machen. Die Kollegen vor Ort schätzen unser Bekenntnis zum Land durchaus und tun alles um uns sicher zu halten.

1 Kommentar:

  1. Da sind wir ja beruhigt und erfreut! Schön, dass du die einzigartige Erfahrung mit uns teilst!

    AntwortenLöschen

824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...