In den letzten Wochen, eigentlich weiss ich nicht wann genau es angefangen hat, laufe ich auf Hochtouren. Wie ein Motor, bei dem jemand Vollgas gibt und die Kupplung noch ein wenig schleifen lässt. Ich komme voran, bei hohen Touren, aber bei weitem nicht so produktiv und schnell wie die Anspannung erwarten lassen würde. Die Tage, lange Tage, vergehen wie im Flug.
Zum Glück, und das meine ich jetzt fast wörtlich, habe ich meine Durchstreichliste auf Schmierpapier. Jeden Tag am späten Nachmittag, wenn ich schon alleine im Gebäude bin und sich vieles beruhigt, fische ich einen alten Briefumschlag aus dem Papierkorb und kritzele auf die Rückseite meine Vorsätze und Arbeiten für den nächsten Tag. Als erstes werden die noch-nicht-erledigten Aufgaben des zu Ende gehenden Tages auf den neuen Briefumschlag übertragen, und meist sind es erstaunlich wenig. Damit habe ich einen ersten Erfolg. Und richtig gut fühlt es sich an den täglichen Briefumschlag mit allen "erledigt" Vermerken wieder in den Papierkorb segeln zu lassen.
"Done! Over and out!"
Dann kommt der kreative Teil, die Aufgaben für den nächsten Tag zu finden, zu formulieren und auf dem neuen Couvert aufzulisten. Meine Erfahrung ist, dass genaue Formulierung hilft, und auch die Segmentierung grösserer Projekte in handhabbare Teilaufgaben. Also nicht "Büro aufräumen" planen, sondern "Kabelsalat weg" und "Produktausstellung auf dem Sideboard eindampfen". Ich halte die Texte meist schon kürzer, aber Verben kommen durchaus vor. Die Listung dauert nicht länger als 5 Minuten, gut investierte Zeit.
Am nächsten Tag dann liegt das vollgekritzelte Couvert dann da, und immer, wenn nichts Unvorhergesehenes hereinschneit, arbeite ich die Aufgaben ab. Darin lasse ich mich dann auch kaum unterbrechen, es gibt aber Ausnahmen. Der schönste, genussreichste Augenblick ist dann, wenn die Enter-Taste gedrückt ist und ich die Aufgabe durchstreichen kann. Das ist ganz wichtig: Erledigtes ausradieren aus den Aufgaben, streichen, vergessen!
Pflichten physisch löschen.
Schlaufe zum Anfang. Meine Listen werden jetzt immer länger, immer mehr ist zu übertragen, immer mehr kommt untertägig dazu und drängt sich auf die Tagesliste. Nicht-Notiertes wabert duch den Kopf und stört. Das fühlt sich nicht gut an.
Ich arbeite eigentlich gerne auf Termine zu, so dass mir die Eröffnung des Werks, der unmittelbar folgende Umzug nach Moskau, und die Aufgabe des "Lebensmittelpunktes" in E. im Sommer durchaus machbar erscheinen. Aber offensichtlich habe ich ein höheres Sicherheitsbedürfnis dabei, so dass ich gerne sehr frühzeitig Weichen stelle und Grundsätzliches kläre. Das Ding mit dem letzten Drücker liegt mir gar nicht. Ich leide unter diesen unterschiedlichen Arbeitsphilosophien. Meine Mitarbeiter aber auch, die nicht in der Lage und Willens sind bereits im Dezember über die Gäste der Eröffnungsparty nachzudenken. Wenn ich die Synchronisierung nicht schaffe, dann kommen nämlich auch die Aufgaben der Mitarbeiter auf meine Liste ("das sollte längst erledigt sein, muss ich denn alles selber machen?").
Spiralschlaufe zum Anfang.
So gut geschrieben!
AntwortenLöschenVater, du bist nicht allein. Mir geht es haargenauso.