27. Februar 2016

Grünes Licht für den Kurzurlaub!

Nur noch eine Woche bis zu unserem Kurzurlaub in Sakha! Dort steigen jetzt die Temperaturen auf frühlingshafte -18 Grad.
MINUS Achtzehn.



Ja, es treibt uns in die kälteste Großstadt der Welt - Yakutsk. Sie liegt nahe am Kältepol der Nordhalbkugel (inklusive Arktis!). So richtig viel los ist da nicht, aber es ist sicher die Metropole der Provinz Sakha. Diese Provinz Russlands ist mit 3 Millionen Quadratkilometern so groß wie Indien und wäre, für sich genommen, damit das 8-größte Land der Erde. Im Unterschied zu Indien lebt aber nur 1 Million Menschen dort - nicht eine Milliarde.
Yakutsk liegt 6 Zeitzonen östlich von Moskau entfernt, der Flug dauert 7 Stunden. Immer wieder erwähnenswert ist die unglaubliche winterliche Kälte in dieser Stadt. Was mich aber fast noch mehr erstaunte war die Spanne zwischen den jährlichen Extremen: Während im Winter schon einmal -68 Grad gemessen wurden, wird es im Sommer problemlos +35 Grad - das sind mehr als 100 Kelvin Unterschied!


Yakutsk ist auch Diamantenstadt, hier die Mirna-Mine
Wir haben unsere leider nur ganz kurze Reise auf ein verlängertes Wochenende gelegt. Freitag Abend geht's mit Aeroflot ab von Sheremetyevo, Ankunft zum Frühstück am Samstag. Am Montag Morgen fliegen wir schon wieder zurück. Gebucht haben wir bei einem sehr rührigen Yakuten namens Bolot (askyakutia.com).
Was wird uns alles geboten in diesen 2 Tagen?

  • Mammut-Museum der Universität mit Vorlesung der Paläontologen, die Mammuts zu klonen versuchen ;
  • Untergrundmuseum des Permafrost-Instituts, mit Vorlesung und Wodka aus Eis-Gläsern;
  • Führung durch den Eistunnel "Königreich des Permafrost", mit Ausstellung der im yakutischen Eis gefundenen Mammuts, Wollnashörner und Pferde;
  • Schlittenhundefahrt (17 km in 2 Stunden, zum selber fahren) mit blauäugigen yakutischen Laikas;
  • ganztägige Ausflugsfahrt im Minivan auf der gefrorenen Lena zum UNESCO-Welterbe der "Lena Säulen"
  • Snowmobil fahren


Bitte den Maßstab beachten: Der Fluss Lena ist hier 3 - 5 Kilometer breit!
Wir freuen uns schon, das wird ein tolles Erlebnis. Ich werde natürlich hier berichten.

Fussgänger in Yakutsk, festgefroren trotz "Grün".

18. Februar 2016

Transfers in Minsk

Es gibt zur Zeit ja keinen direkten Flug zwischen Moskau und Kiev, Russland und Ukraine haben sich gegenseitig die Überflugrechte sistiert. Will ich jedoch trotzdem nach Kiev, so gehen Flüge am besten über Minsk in Belarus*. 

Der Hinflug war geprägt durch eine heftige Verspätung auf der Route Minsk-Kiev von 5 Stunden. Das ist an sich schon ärgerlich, speziell wenn man Anschlussverbindungen hat. Besonders unangenehm sind die 5 Stunden aber, wenn sie auf den Zeitraum 23:00 bis 04:00 Uhr fallen und der nur zweimal täglich verkehrende Anschlusszug um 06:24 in Kiev abfährt. Nun, ich habe die Route geschafft, die Opfergabe war eben der Nachtschlaf. Es war aner dann sogar noch möglich im gebuchten Hotel in Kiev zu duschen (volle Zimmermiete für 20 Minuten Aufenthalt im Zimmer!) und die Kollegen zu treffen für die gemeinsame Weiterfahrt. 

Die Rückreise sieht bisher besser aus (ich schreibe dies im Flugzeug nach Moskau). Abendliche Zugfahrt mit dem Hyundai- Hochgeschwindigkeitszug, Übernachtung und Notfrühstück in Kiev, Abholung durch Fahrer Sasha zum Flughafen Borispil, Flug nach Minsk - alles einwandfrei! 
Nur der Transfer in Minsk war etwas merkwürdig. Ich wurde schon so befremdet angesehen, als ich nach dem Transferschalter fragte, dann aber durchaus freundlich und mit einem etwas traurigen "Mach's gut, Junge!"-Gesichtsausdruck in endlos lange, hallende Gänge gewiesen, in denen ich ganz allein den Wegweisern folgte. Eine aufgeschreckte Security am Ende kontrollierte meinen Pass, wies mich wortlos in den nächsten Gang, der an der unbesetzten Passkontrolle mit dem Leuchtschild "Transfers nach Azerbaijan, Kazachstan, Russland" darüber. Hier endete dann aber in Person einer jungen Polizistin namens Yulia mein kafkaesker Irrlauf. Sie besetzte nach kurzer Absprache mit ihrer Chefin den einzigen Schalter, bearbeitete alle Papiere mit den nötigen Stempeln (rot), inspizierte Pass und Visum gründlichst mit der Lupe - und drückte endlich den Knopf für die Tür zum belebten Habitat normaler Flughafengates und -schnapsläden. 

* Belarus und Kazachstan sind neben Russland Mitglieder einer Schengen-ähnlichen Zollunion. Zu Zeiten von Import-Sanktionen gegen Russland entwickelte sich im nicht von Sanktionen betroffenen Belarus quasi über Nacht eine bedeutende Industrie zur Produktion weissrussischer Austern und Käse, sowie ausgezeichneter Rotweine vom Typ Barolo und Rioja. 

16. Februar 2016

Severodonetsk, Hotel Mir

Bilder vom HQ der OSCE in der Ostukraine, des Hotel Mir in Severodonetsk. 

Die starke Optik braucht keine Worte. 






Und die Minibar:


Holzbau


Während der Bau der klassischen russischen Holzkirche im 18. Jahrhundert seinen Höhepunkt sah, wurden Profanbauten ja durchgängig in Vollholz ausgeführt (Datschen, Blockhäuser, etc). Erinnerz ihr euch an meinen Bericht vom Urlaub in Karelien mit den Bildern aus dem Holzbaumuseum zur Verschränkungstechnik, und dem aktuellen Beispiel des Blockhaus-Supermarktes in Vershinino in Karelien. 
Es gab aber in Russland in den Dreissiger Jahren (wie in ganz Europa) eine gewaltige kreaktive Periode, die beim Hausbau auch wieder zum Holz griff. Beispiel: der hypermoderne Russische Pavillion zur Weltausstellung in Paris 1925. 
Wie ich darauf komme? Es gab kürzlich eine Ausstellung im Architekturmuseum Moskau über Holz-Architektur, und die war schön und informativ. Es gab in Russland nämlich noch eine dritte Phase hoher Bedeutung für das Holz: die Achtziger des letzten Jahrhunderts. Dann wurden die alten Bauten nämlich erforscht, und das mit wunderbaren kleinen Modellen. Winzige Schindeln und Girlanden waren da geschnitzt worden und mit viel Geduld gefügt worden. Und diese Modelle, sowie Konstruktionszeichnungen und - sofern vorhanden - Photos der Originale bildeten die anschauliche Substanz der Ausstellung. 

Einige Bilder zeigen euch die Qualität der Exponate. 


Der Pavilion zur Weltausstellung:


Kizhi:


Das erste Lenin-Mausoleum wurde auch aus Holz auf dem Roten Platz errichtet:


Die Räume des Museums an sich waren schon sehenswert, und "wo Holz drum ist, ist auch Holz drin":


6. Februar 2016

Barenki und Klosterkäse in Zvenigorod

Aufregung pur: Heute war ganztägiger Ausflug nach Zvenigorod angesagt. Mit dem deutschen Frauenverein Moskau,  unter fachkundiger Führung durch Olga. Ehemänner durften teilnehmen, waren aber nach Frauen und Kindern die kleinste Subgruppe (3). 
Wir fuhren mit dem Kleintransporter um 09:15 Uhr am Borodino-Diorama los, wo wir abends um 17:20 auch wieder abgesetzt wurden. Dazwischen lag ein sehr schöner und lehrreicher Ausflug in die Stadt Zvenigorod (Betonung auf dem i; "zveni-" bedeutet "läuten" und "gorod" heisst "Stadt"). 

Wir verliessen Moskau über die berühmte "Regierungsstrasse", die breit ist und keine Ampeln oder Kreuzungen kennt - das würde nämlich das Durchrauschen der Präsidenten und Regierungsmitglieder von ihren Palästen zu ihren Büros im Kreml (und vor allem zurück!) behindern. 


Zuerst besuchten wir das "Dessert-Museum". Die Mitarbeiterin Anastasia (auch hier liegt die Betonung auf dem "i") stellte unserer Gruppe einige Sorten Gebäck und den wunderheilenden  "Ivan-Tee" vor. Die Räume des Museums waren allesamt sehr originell gestaltet, viele Bilder und handschriftliche Erklärungen, und auch ein wenig Flohmarktkrempel. 



Dann kam die lang erwartete Hauptsache: gemeinsam Barenki backen! Alle bekamen eine Kochmütze, eine Schürze und ein Brettchen, und Anastasia (auf dem Bild ohne Mütze) leitete uns routiniert an. Aber bevor es für die anderen losging, durfte ich noch die 2 kg Hefeteig geschmeidig kneten und dann in 40 Gramm kleine Stücke schneiden. 


Die Teigstückchen wurden in zigarrengrosse Rollen geformt, um zwei Finger gewickelt, zum Ring geschlossen und der Ring linksrum gekehrt. 


Nach kurzem Gehenlassen wurden die rohen Barinki kurz in heissem Wasser blanchiert, in Mohn und Zucker getunkt und in den heissen Holzofen geschoben. Heraus kamen 3 Bleche voll Köstlichkeiten, die natürlich nicht lange Bestand hatten!


Eine Mittagssuppe gab es dann aber doch noch, im aufgebrezelten Restaurant in einem der zahlreichen postsowjetischen Erholungsheime in Zvenigorod. Dort hätte auch "Vodka Kalaschnikov" serviert werden können ...


Kurz darauf erreichten wir das Sawwa-Kloster, das erst nach 1990 der orthodoxen Kirche zurückgegeben wurde, direkt dem Patriarchen Kirill untersteht, und heute ein aktives Männerkloster mit 40 Mönchen ist. Wir bewunderten das Modell der befestigten burgklösterlichen  Anlage, bewunderten die sehr beachtenswerte Uspenski-Kathedrale und bestiegen auf eisigen Stufen den Glockenturm. 
Der heilige Sawwa ist unter der Kathedrale begraben, der Ort ist also Wallfahrtsstätte. Wunder ereignen sich dort ständig: eine kinderlose Frau zB betete dort um ein Kind, und was denkt ihr? Genau nach 9 Monaten entband sie ihr erstes Kind!! Ist doch kein richtiges Wunder nach Besuch eines ... Klosters!

Die Webseite des Klosters erlaubt übrigens die Online-Registrierung von Wunderheilungen (ärztliche Bescheinigung erforderlich).





Während die Hauptglocke mit 32 Tonnen die fünftgrösste aktive Glocke Russlands und damit imposant ist, fand ich allerdings die Vertäuung, Pedale und den Anschlag der Kleinglocken viel faszinierender. In der orthodoxen Kirche werden übrigens Glocken grundsätzlich nur von Menschen (und nicht Computern) geläutet. Die Seile zu den Klöppeln wurden um Ecken geführt, und es war ja alles schon schwer zu durchschauen im Original, auf dem Photo ist es leider fast unmöglich. 


Im Klostershop kauften wir noch tolles Roggenbrot, Gebäck, hervorragenden Klosterkäse und "Донник"- Honig. Wir wussten nicht was донник ist und verstanden die Erklärungen der lieben Verkäuferin nicht, Google zeigt auf dem Bildern allerdings Raps. Unser Abendessen war, wer verdenkt's, frisches Roggenbrot mit Butter und Rapshonig. 

1. Februar 2016

Чёрный Лёд, oder "Schwarzes Eis"

Seit Freitag sind die Strassen und Gehwege heimtückisch. Nach den 2 oder 3 Wochen mit ordentlichem Frost von -20 Grad (so wie es sich eben gehört hier im Januar!) setzte Tauwetter ein. Der Schnee taute oberflächlich ab, an den geräumten Stellen wie Gehwegen und Trottoirs verschwand er über Nacht auch fast ganz und legte den Boden wieder frei. Das Schmelzwasser nahm das Salz gleich mit. 

Und dann fiel Regen auf den noch gefrorenen Boden!

Sie nennen dieses spiegelglatte Eis direkt auf dem Asphalt "Schwarzeis", weil man den dunklen Untergrund durchscheinen sieht. Und das Eis nicht sieht. Die Stadt warnte offiziell davor die Häuser zu verlassen, woran sich wohl nur die Grippekranken hielten. Ich schaffte es ins Büro, wobei ich wo immer möglich auf der Autostrasse lief, die war besser geräumt und neu gesalzen. Aber am Abend schmiss es mich dann doch um, im Park am Magomaev-Denkmal: ich knallte voll auf den Rücken, die Wollmütze fing zum Glück den Kopfschlag auf. Ein freundlicher Polizist half mir aufstehen und erklärte mir etwas, das ich nicht verstand. Ist aber nichts Ernstes passiert!

Wir waren das Wochenende dann nicht spazieren. 

824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...