26. Juli 2015

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Erst mal den Titel aktualisieren!

Wie versprochen möchte ich noch einige Bilder vom gestrigen Afisha Picnic publizieren. Immerhin habe ich nahezu zwei Akkuladungen verschossen. Die Videos frassen da wahrscheinlich viel Kapazität, sind allerdings alle wegen schlechter (Licht)qualität oder dubioser Kameraführung bereits wieder gelöscht. 


Das Picnic war - trotz horrend hohem Eintritt - im Wesentlichen kommerziell, mit jeder Menge Verkaufsbuden und -shows: Škoda, Schwarzkopf, H&M, etc. zeigten ihre neuesten Produkte. Überrascht war ich durch die sehr geschickte Präsenz von BOSCH, die in einer "DIY Academy" aus Sperrholz Gitarren aussägen und bemalen liessen, und von LEVIS, die in einem Alu-Wohnwagen mit einer Nähmaschine mitgebrachte LEVIS-Produkte mit Original-Patches individualisierten. 







Die Hauptsache waren natürlich die Musiker. 
MOT (mit Fan! Der war heisser als die Bühne!)


Kiesza (durch einen der üblichen Festival-Egomanen verdeckt)


Ivan Dorn (mit Helium-Teddy im Abendhimmel)


und Zemfira (mit Fans auf der Yacht)


Ich habe ganz cool das Jack-Daniels-Eis gegessen


und besuchte das "Pixi-Dorf"


Und dann war Nacht im Kolomenskoye Park:


25. Juli 2015

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Dieser Eintrag wird etwas anders als üblich formatiert. Ich werde ihn - ganz modern - als Live-Ticker aufsetzen und chronologisch datieren. Das suggeriert Authentizität und erzeugt dieses wohlige Eigentlich-bin-ich-fast-selber-mit-dabei-gewesen-Gefühl beim Leser. 

00:24 Uhr
Endlich weiss ich wo morgen der richtige Eingang in den Kolomenskoye-Park ist. Die Tickets gelten nämlich anscheinend nicht überall, schon gar nicht die billigeren! Und ich weiss auch, dass die Anker-Künstlerin Zemfira erst ganz spät abends spielen wird. Mal sehen, ob ich das Ganze so lange aushalte. Ach ja, ich spreche über das Musik-Festival "Afisha Picnic" (picnic.afisha.ru), das heute das 14. mal stattfindet. Letztes Jahr waren 50'000 Besucher dort im Kolomenskoye Park. 

09:13 Uhr
Die Müdigkeit der letzten Tage steckt noch in den Knochen, Aufstehen fiele jetzt schwer. Und ist doch eigentlich auch noch nicht nötig, oder?

09:55 Uhr
Frühstück: Müesli mit Ryazhenka (Yoghurtprodukt auf Basis gebackener Milch; Chemiker aufgemerkt: Maillard at work!). Daneben die Waschmaschine angeworfen. 

13:56 Uhr
Nach Mittagessen (Rest vom Black Angus Steak, mit viel Knoblauch) und dem De-Blockieren des Wäschetrockners das Haus verlassen. 

14:04 Uhr
Das Haus nochmal verlassen, diesmal allerdings eingecremt und mit der Sonnenmilch im Gepäck. Habe dann auch eine zusätzliche Troika-Karte für die Metro gekauft und mit 1000 Rubel versehen; Troika ist unheimlich praktisch, da wiederaufladbar. Metrofahrt nach Kolomenskoye, Metro war entgegen meiner Erwartungen nicht sehr voll. 

15:25 Uhr
Erste Rast im Schatten neben dem SONY-Zelt. Škoda und H&M sind auch nicht weit, und es gibt Gutscheine für einen Maschinen-Haarschnitt. Das angeblich über Ballone verfügbare Yandex-WiFi ist "leider nicht erreichbar".

16:37 Uhr
So, der eine "fudcort" ist erforscht, irgendwann wird ja mal Abend und ich muss was essen. Ich leistete mir bei Tim-Tim ein Eis: Jack-Daniels/Nuss und Lime/Spinat - in einer schwarzen Waffel! Sah cool aus und schmeckte auch gut. Authentisch. 
Jetzt bin ich eingetroffen an Bühne A, weil eigentlich "Kiesza" singen sollte. Es tut sich aber nichts. Doch, jetzt gerade, SIE SIND DA! Ich kenne sie ja nicht, aber vielleicht wird sie meine Lieblingsband für den Dancefloor. Die Bässe sind satt hochgeregelt, das ist schon mal gut. Kiesza singt etwas sopranistisch, aber sauber und mit Drive. Wow, die Moves! Handstand! Spagat! Achtung, muss mich konzentrieren. 

17:52 Uhr
Arbeite mich vor zur Bühne B. Mal sehen was da geht. Kiesza war ganz gut, ihren letzten Song kannten (bis auf einen einzigen älteren Herrn) scheinbar alle. 
Bühne B ist leer, aber gleich soll MOT auftreten. Neue Band, neues Glück!

18:39 Uhr
MOT singt immer noch (oder ist das doch SKRIPTONIT??), hat seinen Rap aber leider melodisch kaum weiterentwickeln können. Ich habe dafür inzwischen einen FARMA-Burger essen können, schwarzer Bun mit Sesam, innen Fleisch/Käse/Marmelade. Die Komponenten kannte ich vorher nicht, hatte mich an der Länge der Schlange orientiert. Die Wartenden bewegten sich alle langsam am Nachbarstand vorbei, der Müesli anbot und nichts verkaufte. Sozusagen ein "schwerer Stand"! Steht FARMA für "Farmer" oder "Pharma"?

19:09 Uhr
Die dichteste Packung von Menschen findet sich im (anscheinend winzigen) Funkradius unter den WiFi-Ballonen. Und dort wieder um die fest installierten Ladekabel! Hier kommt man sich näher! Es ist jedoch auf keinen Fall korrekt, dass diese Zonen gemischtgeschlechtlich angeboten werden: erstens wegen der Nähe (denkt an die Moral der Kinder!), zweitens hätten dann vielleicht auch Männer eine kleine Chancengleichheit für einen Kabelplatz. Es sind mindestens 3x soviele Frauen in der WiFi-Zone wie Männer!
Aber wie sonst auch hat eh niemand Augen für die Nachbarn, nur das Gorillaglas wird beäugt und gewischt! Das modere "Brett vor dem Kopf"!

19:18 Uhr
Habe einen Deutschen gesichtet. Mit Socken in den Sandalen und indischer Pumphose (längs gestreift). Habe mit tot gestellt bis er ausser Hörweite war. 

19:42 Uhr
Ivan Dorn spielt, rappt auf Bühne A. Naja, nicht so mein Stil. Seine zahlreichen Mitstreiter auf der Bühne sind substantiell auch nicht weiter. Sie kommen aus der Ukraine, und grüssen das Moskauer Publikum. Das ist gut, denn die Leute hier im Publikum sehen nicht aus wie diejenigen, die schweres Geschütz befehligen oder Knebelverträge schliessen. Das Publikum liebt ihn!

20:52 Uhr
Die Sonne ist untergegangen, die Nebel steigen vom Wasser der Moskva auf. Gibt's sicher ein Volkslied drüber. Hölderlin hätte bestimmt dazu was geschrieben. Aber es wird kühl, und die Nebel stinken leider nach der Kläranlage vom anderen Ufer. Und der Nachbar auf der Wiese hat die Eiswürfel aus seinem Mojito in's Gras gekippt; jetzt kann ich mich nicht mehr mit der Hand hinten aufstützen. Die Knie tun auch schon weh, die aus den Jugendtagen gewohnte tigerhafte Geschmeidigkeit geht eben so langsam "den Bach ab". 

21:20 Uhr
Es wird nun schon sehr kühl. Soll ich die Jacke anziehen? Dann sehe ich aber aus wie ein Müllmann mit gelber Warnweste!

21:48 Uhr
Ein Besuch im Pixi-Dorf steht an. Dank zweier Einweiserinnen geht die lange Schlange zügig durch, ist ja auch praktisch lange Wartezeiten zu vermeiden. Die beiden tun mir leid, das ist ein ...job!

22:18 Uhr
Heimfahrt. Zemfira hat mich nicht überzeugt. Nicht genug zumindest, um weiter feuchte Kälte und Gestank in Kauf zu nehmen. 

Damit endet der Live-Ticker. Die Bilder kommen morgen, separat. 

Ach ja, der Titel des Eintrags. Er sollte für meinen erwarteten Altersfaktor gegenüber dem Durchschnitt des Festivals stehen. Das war eindeutig pessimistisch. Ich schätze den Faktor jetzt eher ein als √3.

21. Juli 2015

Über den Wolken ...

Wir wissen wie alt die Personen sind, die jetzt den Titel mit "... muss die Freiheit wohl grenzenlos sein" geistig vervollständigt haben!

Der Flug von Astana nach Zürich ist keine Standardstrecke, und führt über Regionen, in die man nicht jede Woche kommt. Ich habe daher einige Luftbilder gemacht, beflügelt durch die drei Faktoren 
1) Einschlafhemmung,
2) Fensterplatz links, also mit Photogünstigem Blick gegen die Sonne,
3) Playlist-Shuffle von Grunge-Musik, hauptsächlich Nirvana. 
Die Bilder entstanden fast alle in einer Höhe von rund 11'000 Metern und haben daher gleiche Skala. Die Qualität ist leider mässig und konnte auch durch Nachbearbeitung nicht wesentlich verbessert werden; ich bitte diesen Mangel durch Interesse an der Route, Landschaft und der Kultur der Felder und Agglomerationen zu kompensieren. 

Ausgehend von Astana (Start Lokalzeit um 05:00 Uhr, d.h. 02:00 CEST.) ging die Route südwestlich über das Kaspische Meer Richtung Tblisi in Georgien, dann über das Schwarze Meer südlich von Sochi im nördlichen Schwenk nach Odessa (sowohl Südrussland, Ostukraine als auch Krim vermeidend) und nach Kiev. Der Flug von Kiev aus führte über Tschechien und Wien über das Alpenvorland zum Bodensee, Schaffhausen und Zürich.

Trotz Geolokator habe ich nicht von allen Bildern Ortsangaben, in der Ukraine ist die Ortung ja sowieso ausgeschaltet. Ich nenne die Bilder also so, wie sie gespeichert wurden. 

Abflug in Astana. Die Pflanzungen sollen die furchtbaren Steppenwinde von der Stadt fernhalten, angeblich hilft's. 


Und immer wieder will ich auf die fluffigen Wolkenkissen springen. Obwohl ich doch weiss, dass es nicht gut käme!


Georgien (Mangystau)




In der Ukraine nördlich von Odessa gab es diese riesigen, jeden Zwickel ausnutzenden Felder, alles sehr ordentlich. Cherkasy- und Mikolaiv-Oblast:



und südlich von Kiev im Landeanflug:


Jöh, Österreich war lustig! Die Stadt unten war sicher Wien, aber Apple kennt sie noch als "Amflwang"!



Keine Ahnung wo "Seeon bei Ischl" liegt, aber so türkisen schaut's dort schon aus:


Und die Dörfer werden zunehmend von Haufendörfern zu neuronal vernetzten Einzelhöfen. 

Der Bodensee über Friedrichshafen:


Stetten, die Stelle mit dem Zaun:


und zu guter Letzt der Rheinfall:


20. Juli 2015

Astana bei Tag

Nach üppigem Frühstücksbuffet (natürlich fiel ich wieder auf diese nach "getrockneter alter Yoghurt" schmeckenden, harten Kugeln herein!) gab es eine dreistündige Stadtführung der Oberklasse. Die Stadt selber ist ja erst im Jahr 1997 (!) zur Hauptstadt "ernannt" worden, und der Name "Astana" wurde als Kunstwort erschaffen, wie für eine Firmenneugründung. Mit den gleichen Kriterien, wie Unauffälligkeit in den wichtigen Kultursprachen, leichte Schreib- und Sprechbarkeit, und Unverwechselbarkeit. Vorher hiess das ansässige Dorf Tselinograd, und so zeigt mir tatsächlich mein iPhone auch noch den gegenwärtigen Standort an!
Es konnte bei der Führung ja nicht viel erzählt werden, und viele der Bauwerke stehen und sprechen in ihrer Imposanz auch wie gewollt für sich. Die Stadt wurde in die Steppe gestellt, mit dem Winter als grösstem Feind: es geht hier bis in den April hinein gerne mal auf unter -30 Grad - bei hartem Wind! Einfamilienhäuser gibt es daher kaum, sie sind zu schwer zu heizen und winddicht zu bekommen. Die angeblich winterharte Dachbepflanzung eines Hochhauses war nach dem ersten "echten Astana-Winter" schon erfroren und wurde dann gar nicht erst ersetzt. 
In Astana leben ca. 900'000 Menschen, bei rund 15 Millionen Kazakhen. Alles kreist um den Präsidenten Nazerbajev, selbst die Hauptachse der Stadt ("Millenium-Strasse") geht durch seinen Palast. Er bestimmt die Geschicke des Landes sehr persönlich und ist in alle Entscheidungen direkt oder indirekt involviert. Er hat die ganze Stadt nach seinen Vorstellungen von Stararchitekten planen lassen. 
Zuerst zeige ich einige Ansichten der Skyline:





Dann den Ausblick von der Siegessäule nach Osten mit dem Präsidentenpalast, nach Norden mit dem Aussenministerium und dahinter die Altstadt, und nach Westen mit dem silbernen Vergnügungszelt (im Süden war typischerweise eine unattraktive Baustelle für das höchste Gebäude Kazakhstans). Die Säule ist übrigens 97 (!) Meter hoch, und die Kugel steht für das Ei des nationalheiligen Vogels Rom. 





Im Fokalpunkt der Kugel findet sich ein in Messing gegossener Handabdruck des Präsidenten Nazerbajev, es soll Glück bringen seine Hand dort hineinzulegen. Die Schlange der Wartenden war 20 Meter lang ...


Sir Norman Foster entwarf die beiden bisherigen Endpunkte der Milleniums-Achse, eine Shopping-Mall in Jurten-Form ("Han Shatyr", inklusive Bad mit Sandstrand von den Malediven! Dekadent!) und eine Bibliothek in gleichseitiger (62 m) Pyramidenform mit in die Spitze eingebautem Wald. 





Der Verkehr war übrigens nicht so dolle, der längste Stau heute waren 5 Autos. 

Sehr beeindruckend war die weisse Moschee, die 15'000 Gläubigen Platz bietet. Heute war sie nicht nur Gebetsraum für viele Individualisten, sondern auch eine Koranschule und - Kinderspielplatz! Die Kleinen tobten kreischend über den Teppich, knapp an den geduldig betenden alten Männern vorbei. 





Das Gitter im Fuss der Säulen ist Auslass einer Klimaanlage. 



Leider gab es dann an der Fluss-Riviera nicht das versprochene leckere kazakhische Glace! Dafür aber einen mythischen schmiedeeisernen Zaun:


Quengelig wurde ich trotzdem nicht, hatte doch das Hotel in der Lobby einen schönen Tisch mit Turkish Delight und Nüssen aufgebaut, um den herumstehend wir dann die angebliche "Abschlussbesprechung" abhielten. 

19. Juli 2015

Astana bei Nacht

Mit drei Stunden Zeitverschiebung zu Moskau fühle ich mich natürlich jetzt um Eins am Morgen noch knusperfrisch. Mal sehen, ob ich beim Aufstehen um Sieben noch das Gleiche behaupten kann ...
Nach dem Einchecken machten Svetlana (die schon oft in Astana war) und ich (Novize) einen Spaziergang zur zentralen Siegessäule (oder was auch immer, morgen mehr). Der Tag ist wegen der südlicheren Lage schon effektiv eine Stunde kürzer als Moskau oder Eppstein oder Oxford oder Warmbronn, es war also schon dunkel. 
Hier nur rasch ein paar Bilder von Säule und der ultramodernen und Nicht-Kleckern-Sondern-Klotzen-Architektur dieser Retortenstadt in der Steppe. 


Eine LED-Wand mit Film:


Kinder waren auch noch wach:


Nichts geht ohne Pferde:



Die imposante Lobby des Hotels:


824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...