Wir fuhren die drei Stunden von Łódź nach Kraków in einem durch, die Autobahn und Schnellstrassen sind ja in dieser Richtung sehr gut ausgebaut. An die querenden Feldwege auf den Schnellstrassen habe ich mich noch immer nicht gewöhnt, aber man muss aufpassen an den Kreuzungen, denn das Tempolimit 70 dort wird gelegentlich durch die Polizei kontrolliert (gestern zum Glück nicht!).
Kraków ist wirklich eine sehr schöne Stadt, die mich ein wenig an Prag erinnert: Burg, Marktplatz - und dazwischen die "Rennstrecke" für die Tagesausflügler! Das städtische Ensemble ist sehenswert und sehr gut gepflegt, aber auf das Zentrum beschränkt; wenige Strassen weiter liegen schon die Wohnquartiere in normalem Steingrau. Wir liefen den "Universitätsweg", der uns an all' den alten Kollegiengebäuden und Kirchen vorbeiführte, sehr viel Strecke im grünen Gürtel des ehemaligen Wehrgrabens ausserhalb der Stadtmauer bot, und relativ ruhig und wenig besucht war. Wir hatten nur eine deutsche Jugendgruppe, die wir mit ihrem Führer an jeder Station wiederfanden. Ansonsten war die Stadt voll Gruppen mit fähnchenschwingenden Fremdenführern! Am Marktplatz (Stary Rynek) verbrachten wir die Zeit nicht nur in Kunstwerken (siehe Bild weiter vorne, und beachte die Allegorie des Kopfes mit dem gestürzten Sozialismus!), sondern auch in den Tuchhallen und bei der Besichtigung des Altars des Veit Stoss in der Marienkirche, und hörten das abbrechende Trompetensignal zur vollen Stunde (die Sage munkelt, das Signal sei eine Erinnerung an einen Wächter, der mitten im Spiel von einem feindlichen Pfeil getroffen worden sei; es soll mir erst mal jemand vormachen dort hoch einen Pfeil zu schiessen und auch noch zu treffen!).
Vor der Besichtigung der Burg machten wir eine Pause mit Eiskaffee und Käsetorte unten in der Stadt. Die Burg selber ist mit ihrer Kathedrale sehr sehenswert. Wir sahen leider die sagenumwobene Drachenhöhle unter der Burg nicht mehr, dafür den Erzbischof Dziwisz, der mir sogar die Hand schütteln wollte (ich liess aber indischen Katholiken den Vortritt). In der engen Kathedrale waren dann sehr viele Leute, aber wenige nur zum Besichtigen - die meisten beteten kniend vor den Reliquien und Gräbern der polnischen heiligen Könige (die Kathedrale war Krönungs- und Grabesstätte für 34 Könige!)
Wir entschlossen uns dann zur Fabrik Oskar Schindlers zu fahren, die etwas ausserhalb in einem Industriegebiet liegt. Man erkennt sie sofort, wenn man den Film "Schindlers Liste" gesehen hat, und man sieht dort auch die originale Schreibmaschine, auf der diese Listen geschrieben wurden. Ansonsten steht Schindler aber nicht im Mittelpunkt des Museums, sondern es sind die Menschen, die das Leid ertrugen, mit Würde ertrugen. Es ist für mich die Leistung dieses Museums, zu zeigen, dass auch noch im grössten Leid, in der grössten Angst um das Leben, noch die Würde des Menschen hochgehalten wurde, dass es den Schergen (Nazis und Kollaborateuren) nicht gelang diese Würde zu brechen. Es ist ein Mut machendes Museum, das an das Grauen erinnert. Ich habe in das Besucherbuch geschrieben: "Vorwärts, und nicht vergessen".
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