Im Hotelzimmer mit der Nummer 625 (= 25∧2) legte ich mich gleich hin - bis ich vor dem Fenster Geschrei hörte. Nicht von einer Person, nicht von einer Gruppe Betrunkener - nein, von Tausenden Menschen! Fans! Gegenüber des Hotels lag das grosse Fussballstadion, und dort hatte um 22:00 Uhr das UEFA-EL Halbfinale Dnipropetrovsk - Napoli begonnen. Als es dann aufhörte, hatte Dnipro den Einzug ins Europaliga-Finale gewonnen! Das machte das Gebrüll Tausender erklärbar.
Zum Frühstück kam unsere Beraterin Ekaterina und wir unterhielten uns über ihre Suche nach einem Werksleiter und unsere entscheidende Auswahl. Sie war erleichtert. Danach holte mich der Fahrer der französischen Audit-Firma ab und wir fuhren über den Maidan. Benachbarte Häuser sind noch in Renovation nach den Bränden, aber der Platz selber präsentierte sich in alter Grösse und Schönheit.
Der Rückflug nach Moskau DME in einer winzigen Embraer 190 verlief dann wie Routine. Auch der unendliche Stau in der Innenstadt kam mir wieder sehr vertraut vor.
Die Reise hatte ja einige Personen in meiner Umgebung besorgt gemacht. Rückblickend muss ich sagen, dass die Sorge durch kein einziges Erlebnis der Reise gerechtfertigt wurde. Unser Bild der Ukraine ist geprägt durch (schreckliche) Frontberichte und medienwirksam gefilmte martialische Söldner. Die wird es geben, aber das Leben in der Etappe ist friedlich und "normal". Und arm. Die Schäden an Industrie, Umwelt, und Infrastruktur in der Frontzone sind gewaltig. Schlimmer ist aber der Vertrauensverlust, ja Hass, in den Köpfen. Hass ist das Schlimmste.
Eine schöne Berichterstattung; man kriegt einen guten Eindruck von einem ganz normalen, aber armen Land. Schrecklich beeinflussend habe ich mir es sowieso nie vorgestellt, es ist eben nur in der Krise, im Umschwung, im Zwiespalt, aber dass es sich auf den Alltag aller Ukrainer auswirkt, das ist unwahrscheinlich.
AntwortenLöschenAber schön, dass du wieder daheim bist, jetzt erstmal ein gutes Wochenende!