21. Oktober 2014

Benestan

Als wir gestern so in unserem Hyundai-Minibus von Beldersoy nach Tashkent holperten, fühlte ich mich als ganz entfremdeter Beobachter der Situation um mich herum, wie nach Ankunft im Land eingekapselt in ein Gefährt und irgendwann am Ende der Reise wieder ausgepackt. 
Entfremdung als Chance zum besseren Verstehen (im Brecht'schen Sinne) konnte in diesem Fall nicht wirken, denn wir haben es ja nicht mit einem vorübergehenden Lehrstück zu tun, sondern mit Leben auf gleicher Augenhöhe. Und ich verstehe die Sprache der allgemeinen Leute nicht, habe keinerlei Möglichkeit mit ihnen über etwas anderes als die Speisekarte oder Check-In zu reden. Wie soll ich begreifen was sie bewegt? Ich weiss nicht warum hier zehn junge Männer am staubigen Strassenrand stehen, ohne offensichtlichen Anlass. Sind sie stolz auf den frisch gestrichenen, klapprig zusammengeschweissten Blech-Pavillion im staubigen Park? Das alte Muttchen in Tracht vor dem Lehmhaus hat die gleiche exotische Ausstrahlung wie das malerisch grasende Fohlen oben am Hang. 

Auf einmal kam mir der Film "Fantastic Voyage" von 1966 (ich war gerade mal 13 - und dann ein Film mit Raquel Welch!!) in den Sinn. Genauso fühlt sich diese Reise an: wie die Wissenschaftler in ihrem geschrumpften Mini-U-Boot durch die Blutgefässe des Wirtes schwimmen und staunend aus den Bullaugen blicken, so sehen wir aus den Fenstern unseres Hyundai den Organismus unsers Gastlandes vorbeiflitzen. Er zeigt uns was er will, weil wir es ja nicht besser verstehen werden. 

Da macht der Titel dieses Blogs doch auf einmal Sinn, oder?

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