25. Juni 2019

792. Oslo - Green City 2019

Ich habe nicht herausgefunden wer genau der Stadt Oslo diesen Titel verliehen hat, aber es ist wirklich erstaunlich wie präsent Nachhaltigkeit im Stadtbild schon auf den ersten Anschein hin ist. Recycling-Angebote sind selbstverständlich, man sieht kaum Plastiktüten und -becher und meist Glasflaschen (um ehrlich zu sein, nicht in den Kiosken). Und 22% der Autos fahren elektrisch oder hybrid. Die Tram-Sequenz in der Stadt ist kurz, und sie fahren schnell und auf eigenen Spuren. Auf einer Kreuzung beim Nobel-Institut gehen drei Tramgleise sogar durch den Springbrunnen in der Mitte des Platzes!

Die schönen Parks hatte ich ja bereits erwähnt. 
Und die Regenbogenmotive? Am Vortag fand in Oslo die Pride Parade mit 40‘000 Teilnehmern statt!

24. Juni 2019

790. Oslo

Daran kann‘s natürlich liegen. 

In Oslo geht alles unglaublich schnell. Man hatte die Scooter in Moskau und Vilnius schon für rasant gehalten, aner hier fahren sie schneller, eleganter, leiser und überall. Wer nicht scootert, fährt (Leih-)Velo oder Auto, Fußgänger sind Exoten! 

Und gegen Abend verwandeln sich die letzten Fußgänger (bis auf einen) in Joggerïnnen. Zisch!

Alles klar! Es liegt natürlich an meiner abnehmenden Gewöhnung an normales städtisches Verhalten! Klar! Ich bin die Ausnahme, nicht die Raser!

Aber sonst scheint Oslo ganz brauchbar, nicht so altertümelnd. Die Häuser im Zentrum sind oft neu, die Straßen breit und für Trams geeignet. 





Die 50 km vom Flughafen zum Apartment beim Nationaltheater fährt man in 20 min für 196 Kronen, etwa 20 Euro, einfach. Senioren ab 67 Jahre zahlen die Hälfte. Anstatt selber in der App den Weg zu suchen, hielt ich es für weltoffener, jovial eine Eingeborene nach dem Weg zu fragen. Sie wusste ihn auch nicht, zeigte aber trotzdem entschieden in eine (falsche) Richtung. Das wurde dann kein Honigschleck mit 2 Koffern (21 kg und 12 kg) an der Schulter baumelnd!

Das Apartment ist sauber, klein und in nordisch-kühlen Farben gehalten. 



Dann kam aber ein Stadtspaziergang, mit dem Nobel-Institut in der Parallelstraße beginnend. 



Dann durch den schönen, scooterdurchflitzten Schloßgarten und sein Skulpturengelände, in dem sich die Bronzen neben oder auch über dem Weg drängten.
 




In der Stadtmitte nahm die Populationsdichte dann zu, mit schönen (Vinylplatten-)Geschäften in Hinterhöfen (die Front waren wie immer Kettenfilialen). 



In Oslo/Norwegen scheint LGBT ein aktuelles Thema zu sein, denn viele Häuser im Zentrum und auch im Hostelquartier waren regenbogenbeflaggt. 



Insgesamt lief ich 13 km durch die Straßen, kaufte mir einen schicken Norwegerpulli und genoss eine super gegrillte Makrele mit Gurkensalat im Cafe Skansen am Hafen. 







Das Rathaus könnte auch in Bochum stehen. 



Nett war die Begrüßung für meine Tour und dem ersten Aufenthalt in Norwegen:







23. Juni 2019

789. "Rückblick und Ausblick", muß wohl sein


Auf vielfachen Wunsch aus der Leserschaft erstelle ich noch den Rückblick auf die Velotour durch drei Länder Litauen, Russland und Polen. Das gibt dann den "Korken", der die Flasche schliesst!

Nach ein paar Worten werden das aber hauptsächlich erwähnenswerte Erlebnisse oder Anblicke sein, die bisher in keinen anderen Blogbeitrag passten. Ich möchte mich ja heute kurz fassen, denn die nächste Reise steht ja schon morgen bevor; diesmal geht es 20 Tage in die Arktis, zum Segeln! Ohne Internet! Digital Detox!

Die Tour war insgesamt ein sehr gutes Erlebnis, denn sie war reichhaltig und langsam genug für eine befriedigende Resorption der Eindrücke in den drei so sehr verschiedenen Ländern mit verbundener Geschichte und verwandter Landschaft. man sah deutlich die Förderregionen der EU in Litauen und Polen, und die Randständigkeit Kaliningrads zu Moskau (wie sähe es dort wahrscheinlich aus, wäre da nicht die militär-strategische Bedeutung und personelle Unterstützung!).

Ich würde nicht sagen, dass genau diese spezielle Veranstaltung etwas für jüngere Leute unter 50 gewesen wäre. Man sollte auch in das Profil einer potentiellen FAZ- oder ZEIT-Leserïn passen. Ausgesprochene Sportlichkeit war nicht erforderlich, es war wirklich ein Genuß so zu radeln und sich die Landschaft und Sehenswürdigkeiten anzusehen und erklärt zu bekommen. Kurz, die Reise war für uns als Einstieg ideal und sehr erholsam!

In Vilnius fielen mir (neben den Haarschneide-Läden von Herr Katt und Frau Katt) die vielen Hinterhöfe auf, bei denen die Tore noch recht schön einluden, aber die Höfe selbst dann nur wenig herausgeputzt waren.

Eine Vorkriegs-Ölhandlung war in diesem Hof in Vilnius, beschriftet in Polnisch und Jiddisch (nicht Hebräisch, obwohl es so aussieht!)






Das Tor der Morgenröte (Ausros Vartai), das primäre Stadttor (die schmucklose Aussenseite, dem Besucher zugewandt)

In der Literatu-Gasse wurde besuchenden internationalen Literaten und bedeutenden Menschen Litauens den Hauswänden entlang über 200 kleine Plaketten gewidmet, alle verschieden von lokalen Künstlern gefertigt. Diese hier hat mir besonders gefallen, aber ich weiss nicht für welche Person es steht:

Wer kann die Schrift der Plakette №233 entziffern?

Im Hof der Skulpturen waren einige Großkunstwerke ausgestellt, unter anderem zu Altmetallbrocken gepresste Reste der Yacht AZUR, auf der der spanische Diktator Franco seinen (Um-)Trieben nachging. Ein gutes Bild für den wünschbaren Gang der Geschichte!

AZUR, dort wo sie hingehört!

Vilnius ist voll von fröhlich flitzenden Scooter-Fahrerïnnen. Die Anbieter-CITY-BEE mit ihrer App scheinen den Markt zu definieren, überall stehen ihre Scooter herum. Wenn man einmal schnell irgendwo hin will, nimmt man sich einen der freien/geladenen Scooter, meldet sich für das Gerät in der App an, der Scooter wird freigeschaltet und man flitzt los - höchstens eine Minute dauert das Ganze. Die Gebühr sind Basismiete 0,50 Euro plus 10 Cent pro Minute Fahrzeit. Eine super Sache!
Nimm das, Andy Scheurer!
Gdansk war die touristischste Stadt der Reise, mit Heerscharen von Gruppen (wie uns, wenn man mal ehrlich ist!) und Tourguides, die sich gegenseitig die Plätze streitig machten. Nicht mehr so schön, sicher auch nicht für die Lokalen, die garantiert nicht mehr in die Innenstadt gehen!

Alter Kranen, und neue Apartments auf der Speicherinsel.

Das Reklameschild hat die Zerstörungen Danzigs scheint's unbeschadet überstanden.

Gefühlt waren es Millionen Touristen, Schulter an Schulter, die sich durch Gdansk arbeiteten.
Die Orgeln des Königsberger Doms sind eine viermanualige Hauptorgel mit 90 Registern (6269 Pfeifen) und eine zweimanualige Chororgel mit 32 Registern, die in den Jahren 2006 und 2007 durch die Werkstatt Alexander Schuke Potsdam Orgelbau in Kaliningrad gebaut wurden. Beide sind elektronisch miteinander verbunden und können gemeinsam gespielt werden. Die Hauptorgel ist die größte Orgel Russlands und wurde direkt aus Mitteln des Präsidenten Putin und seiner aus Kaliningrad stammenden Frau Ljudmila finanziert. Der akustische Eindruck ist enorm, denn der Schall kommt tatsächlich von zwei Seiten!

Die Schuke-Orgel im Dom von Kaliningrad


21. Juni 2019

788. Malborg

Uns Teilnehmern kam der heutige Tag fast ein wenig so vor, als müsse Reiseleiter Armin noch ein paar Punkte auf seiner To-Do-Liste für eine "gelungene Radtour" abhaken, z.B. Fahren in der Gruppe bei Gewitter, Kontaktnahme mit lokalen Bauern, Teilnehmer verloren,  Teilnehmer dehydriert bei Schloßführung, und so ;)

Um es kurz zu machen, wir fuhren mit dem Bus als das Wetter gut war, wir besichtigten die Marienburg als das Wetter heiß und stickig wurde, und wir fuhren mit dem Rad als es regnete (siehe GPS-Tracking-Karte). Aber es war trotzdem ein fröhlicher und gelungener Tag, klar.

(43 km Tour von der Marienburg bis an den Stadtrand von Danzig; Picknick bei Ostaszewo; Regenbeginn bei km 30)

Die Marienburg ragt seit 700 Jahren über die Region Malbork, südlich von Gdansk. Sie ist im Internet wirklich so gut dokumentiert, dass ich jeder Leserïn die Recherche selbst anheimstelle. Z.B. Wikipedia sagt dazu:

Die Stadt Marienburg wurde durch die gleichnamige Marienburg (polnisch Zamek w Malborku) bekannt, die als das größte Werk der Backsteingotik gilt. Die Burganlage war von 1309 bis 1457 Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens und somit Haupthaus und Machtzentrum des Deutschordensstaates.

Den Deutschherrenorden gibt es übrigens noch heute, mit etwa 1000 Ordensrittern kümmert er sich vornehmlich um karitative Belange. 
Statt Wiederholungen von Bekanntem gebe ich euch also lieber ein paar selbst gemachte Bilder, OK? Vielleser wissen das bestimmt zu schätzen. Es war beinahe unmöglich Elemente der Burg (außer dem Turm) ohne durch's Bild watschelnde Touristen zu fotografieren, Tausende waren heute dort am Feiertag Fronleichnam.

(Ansicht von Osten)

(reparierte Schäden mehrerer Kriege)

(Blick aus dem Klo-Fenster)

(Kanonenkugeln säumen den Weg)

(Pelikanbrunnen im Hof des Klosterkomplexes)

(Dachreiter)
(Bodenliesen für Ingenieurïnnen im Großen Remter)



(Säulenschmuck im Wandelsaal des Klosterkomplexes)

(Ob der Efeu schon die Kreuzritter persönlich gesehen hat?)

(Erzherzog Albrecht)

Ich hatte ja schon den Regen heute erwähnt. Zwar stand ich allein und verlassen, als ich in der Gruppe herumkrähte "der Regen sei mir fast lieber als die brütende Hitze", aber so war's halt. Übrigens lud uns ein Bauer spontan ein unsere Räder und uns selber bei Einsetzen des Regens in seiner Scheune unterzustellen, alles ging ganz ohne Worte und ganz freundlich!

(Fröhlich auf der Fähre über die Weichsel)

(Wunderbar geschnitztes westpreußisches Bauernhaus)






20. Juni 2019

787. Калининградская Область

Im folgenden gehe ich davon aus, dass die Geschichte von Sovetsk, insbesondere das Auftreten vin Napoleon und Königin Louise dort, von meinen Lesern nachgeschlagen eurde. Sovetsk ist nämlich das frühere Tilsit! Nur Käsefabriken gibt es dort nicht mehr!

Entspannt begann der Tag mit einer Busfahrt die lange Kurische Nehrung hoch bis Morskoye - ganz kurz vor der litauischen Grenze. Die Nehrung ist ja an der schmalsten Stelle nur 400 m breit, aber zur Vermeidung von Wanderdünen dicht mit Bäumen bestanden. Ein Förster namens Efha brachte die Faschinen-Sicherungstechnik dorthin, mit großen und lang anhaltenden Erfolgen. Übrigens, wer kennt den Wortzusammenhang von Faschinen und Faschisten? Auf dem Bild sieht man gut die Faschinenkästen. 





Das Mittagspicknick brachte uns frisch geräucherte Fische, unter anderem eine Quappe (Lota lota), aka Rutte bzw Налим. 



Der Besuch im „Wald der Tanzenden Bäume“ ist Pflicht auf der Nehrung, ganz nett. 





Eine wissenschaftliche Vogelstation zeigte uns die riesigen Reusen zum Zugvogelfang, und Ranger Anatoli demonstrierte an einem jungen, furchtlosen Zeisig mit 11,2 g Körpergewicht die Beringung. Wir erfuhren, dass so ein Vöglchen mit 1 Gramm Fett bis zu 200 Kilometer fliegen kann!



Wir radelten ein gutes Stück nach Süden, bis wir an einem unscheinbaren Parkplatz im Wald hielten: „Badepause!“ Als wir ausgerollt waren, hörten wir auch die Ostsee gewaltig rauschen, ganz nah. Der Strand war menschenleer bis auf zwei Gleitschirm-Tiefflieger, der Sand war fein und warm, und die Wellen brachen doppelt und hoch. Das Bad war wunderbar erfrischend. 









Wir fuhren dann mit dem Bus ins Hotel zurück. 

Der nächste Morgen begann wie gewohnt mit dem Basis-Packen der Koffer („Wo um alles in der Welt habe ich meine Sonnencreme hingetan??“), einem sehr guten Frühstück und dem Räumen der Zimmer („Hast du auch alles?“). 

Zuerst fuhren wir ein Stück mit dem Bus bis nach Priboi. Dort beginnt die Samland genannte Region. 





Bei der Ortsdurchfahrt von Priboi mit den Rädern sahen wir einen schön ausgeschmückten Wasserturm. Er wurde gerade von einer Klasse in einer Feldstunde gezeichnet. Ich fragte eines der vielleicht 12-jährigen Mädchen, ob sie ihr Bild für mein Foto vor das Original halten könnte. Sie verstand mich nicht. Aber ihre bezopfte Klassenkameradin kam herüber und fragte mich in astreinem Deutsch, was ich wünsche - und übersetzte dann. 



Viele der Felder im sanft geschwungenen Samland sind Brache, überwuchert mit Bärenklau. 



In Germau besuchten wir den deutschen Soldatenfriedhof, gefühlvoll angelegt und sehr fut gepflegt. 4400 deutsche Soldaten aus der Region Samland wurden dorthin zusammen (um-)gebettet, die Namen stehen auf großen Stelen. Die meisten Soldaten  waren Jahrgang 1923 und starben im April 1945 - blutjung in den letzten Minuten eines verbrecherischen Krieges. 



Die am Veloweg liegende „größte Bernsteingrube der Welt“ nahmen wir noch mit und waren entsprechend beeindruckt. 



Um Vier erreichten wir noch Kaliningrad und es gelang uns gerade noch den (heute entweihten) Dom und das Grab Immanuel Kants zu besichtigen. 







Am Abend zeigte ich einigen Mitfahrerïnnen noch den nahegelegenen Viktoria-Supermarkt, Kaviar kaufen. Und für mich gab es eine Packung Theraflu!


824: „Muß di ni argern, dann geit di dat goot“

Sinnspruch an der Wand des Glücklichen Matthias : Darunter schmeckte uns Pannfisch und Schlemmerteller (nein, nicht der vom Horst!).  Danach...