Klar, eine echte Kaffeefahrt wurde es nicht, mit 54 km war es die längste Tagesetappe. Heute trug ich das „Gelbe Trikot“, nämlich die leuchtgelbe Warnweste des letzten Fahrers, des Lumpensammlers sozusagen.
Die ersten Kilometer fuhren wir auf Katzenkopf-Pflaster, was durch den regennassen Sand an den Reifen manchmal eine etwas rutschige Sache wurde. Und wenn ein Pedelec erst mal rutscht, dann sind die kippenden 25 Kilo nur noch schwer zu beherrschen!
Die erste Station war die evangelische Kirche in Slavsk, mit einer resoluten, deutschstämmigen Kirchenvorsteherin aus Kasachstan. Sie erzählte mit Begeisterung und Zuversicht von der schwierigen Geschichte der Protestanten in der Region. Die Buben des Dorfs wollten derweil draussen alles ganz genau über die Technik der Pedelecs erfahren, nicht immer genügte ihnen mein Russisch!
(Die Kirche ist noch nicht ganz fertig)
Aber dann ging‘s auf Schiff! Die große Feuchtlandschaft der Elchniederungen durchquerten wir auf der Girde, die direkt in die Ostsee mündet, auf der gesamten schiffbaren Strecke. Die Landschaft war vom Wasser aus natürlich ganz anders als neben Straßen, die Abwechslung tat uns allen gut. Noch besser war, dass wir noch nicht mal strampeln mussten dafür, sondern uns bei Bedarf in der klitzekleinen Kajüte etwas zu Essen holen konnten!
(Kormoran)
Aber die entspannte Freude währte zum Glück nicht zu lange, beim Bootsanleger wartete nämlich bereits Elena Ehrlich auf uns. Sie betreibt in einem abgelegenen Winkel ein gepflegtes „Café“ und Fremdenzimmer mit 15 Betten, wohl hauptsächlich für Wasserwanderer. Sie hatte einen leckere Johannisbeer-Streuselkuchen gebacken, und erzählte ein wenig von ihrem Leben als Ostpreußin in Russland. Ihre drei Kinder leben und arbeiten alle in Deutschland. Im Fluss wurde dann auch noch geschwommen, aber nicht von mir.
Danach zog sich die Strecke in die Länge. Etwa 20 km wurden mit einer kleinen Pause abgespult, dann nahm uns nach einer letzten Auf- und Abfahrt über eine Brücke wieder der Bus auf: Trinken, Laufen, Fahrräder einladen, und im Bus einschlafen war eine Sache von wenigen Augenblicken.
Aufgewacht sind wir erst wieder vor dem ehemaligen Herrenhaus und regionalem sowjetischen Militärkommandantur, das recht neu in ein elegantes Hotel umgebaut war. Pool, Gestüt und (lärmgedämmte!) Disco gehörten dazu. Sehr schöne Sache, kam gerade recht!
(Blick von unserem Balkon)
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