14. März 2017

730. Ivolginsky Datsan

Neben der Umsiedlung ist eine andere nicht-militärische Massnahme zur Markierung des Einflussgebietes die Oktroyierung einer passenden Religion bzw. die Mission der vorhandenen Einwohner. Die Buryaten waren ursprünglich Anhänger vieler lokaler, schamanistisch ausgerichteter Naturreligionen. Die dazu "passende" (und beruhigende!) Weltreligion ist der Buddhismus, der Naturreligionen nicht grundsätzlich ausschliesst, ja in manchen Aspekten sogar einschliesst. Der Weg eines Volkes vom Schamanentum zum Buddhismus benötigt Lehre, nicht Zwang, und ist daher in der Regel dauerhafter und geräuschärmer. Und so entsandten sowohl China als auch die Zaren als flankierende Massnahme auch buddhistische Missionare in die Gegend. Die chinesischen Missionare waren zahlreicher und besser organisiert und "eroberten" so grosse Teile der heutigen Mongolei, während der zaristisch unterstützte Buddhismus auf das (relativ kleine) Gebiet des heutigen Buryatien beschränkt blieb (dies ist sehr eindimensionale Darstellung der Geschichte, es gab früher und später jede Menge Korrekturen im anerkannten Grenzverlauf). 

 

Wir besuchten die zentrale Lehranstalt des russischen Buddhismus im Ivolginskiy Datsan, gegründet 1949 mit ausdrücklicher Billigung Stalins. Es wird heute als Internat geführt, mit etwa 120 Studenten in 8-jähriger Ausbildung. Die Studenten leben in kleinen Häusern, die von ihren Dörfern erbaut und unterhalten werden, erhalten aber keine Stipendien sondern sind in ihrer Zeit im Datsan Selbstversorger (die Besucher spenden sehr grosszügig). Sie lernen neben buddhistischer Theologie und Philosophie noch 6 Sprachen, plus die in Russland an Universitäten verbindlichen Pflichtfächer wie IT, etc. Der Abschluss der buddhistischen Lehranstalt ist ein vollgültiges Universitätsdiplom. 

Im Ivolginskiy Datsan residiert der 25. Chamba Lama als höchster Lama Russlands, hier empfing er Putin und Medvedev. Er ist allerdings weder formal noch geistlich vergleichbar mit dem Patriarchen der orthodoxen Kirche oder dem Papst, das höchste geistliche Oberhaupt des Buddhismus ist der Dalai Lama. 

Auf dem Gelände stehen verschiedene Tempel, den wichtigsten Gottheiten geweiht. Der Besucher geht im Uhrzeigersinn durch das Gelände, entlang des mit unterschiedlichsten Gebetsmühlen versehenen Rundgangs. Sie enthalten im Inneren die spezifischen Gebetstexte, und das Gebet wird durch manuelles Drehen der Mühle "gesprochen". Lena kannte sich sehr gut aus und erklärte uns "unsere" Gottheiten und die richtigen, respektvollen Verhaltensweisen. Z.B. geht man in einem Tempel immer im Uhrzeigersinn herum, und verlässt ihn rückwärts gehend, um der Gottheit nicht den unreinen Rücken zuzukehren. 

Studentenwohnhäuser auf dem Gelände entlang des Rundgangs, mit Gebetsmühlen, und ein Rundum-Video mit dem Mönchsgesang auf der Tonspur. 

 


Unsere durch das Geburtsjahr bestimmten Gottheiten treten häufig gemeinsam im gleichen Kontext und Tempel auf. Unsere Glücksfarben sind Grün und Weiss, und wir haben natürlich zwei solchfarbige Glückwunschfahnen mit unseren Namen versehen und ausserhalb der Klostermauern an einen Strauch in der Steppe geknotet. 

 
 
Etwas ausserhalb des heiligen Grundes der Lehranstalt steht ein kleiner Pavillion mit einer Bronzestatue des buryatischen Künstlers Dashinima Namdakov , "Der kleine Buddha" (2011 in Italien gefertigt und dem Kloster geschenkt). Der nackte kleine Buddha schmiegt sich lächelnd an den Kopf eines Löwen, der mit der Tatze die kleine (profil- und bedeutungslose) Weltkugel gerade noch über dem Abgrund hält. 

 

Die wertvolle Skulptur wird durch zwei wütend bellende Bluthunde (mit Nachwuchs) im umlaufenden Zwinger bewacht. Ulrike meinte, dass bellende Hunde nicht beissen würden - ich hatte aber den Eindruck, dass sie schon rechtzeitig zu bellen aufhören würden …

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