9. Mai 2014

9. Mai, Moskau: Parade zur Kapitulation Nazideutschlands

Zu der Parade gäbe es viel zu sagen, eine Menge Eindrücke habe ich gewonnen. Zunächst einmal habe ich am Strassenrand nicht gesprochen. Deutsch passte einfach nicht, fand ich, nicht jetzt und dort. Es wäre mir vorgekommen, als spräche jemand auf der Düsseldorfer Fasnacht Kölsch. Es war alles ganz friedlich heute, Volksfeststimmung mit roten Fähnchen und St.-Martins-Bändern; ich habe mich keinen Augenblick irgendwie bedroht gefühlt, überhaupt nicht. Es war ja auch nicht notwendig/möglich Deutsch zu sprechen, denn der gute Kollege Joachim und seine Familie standen entgegen der Abmachung auf der anderen Strassenseite. Und es war ganz ausgeschlossen, sich ab 09:30 Uhr zu bewegen! Ich war 1 Meter hinter dem Absperrgitter eingekeilt. Ich glaube, ich hätte beide Füsse von Grund anheben können und wäre nicht umgefallen.

Es gab drei Sicherheitskräfte, die durch Uniform als solche ausgewiesen waren und in ausreichender Häufigkeit auftraten: Soldaten (klein, dünn, blass, zu grosse Mützen, Haarlänge kürzer 3 Millimeter), Polizei (gut genährt, schmuck, blass, riesige Mützen, Haarlänge bis 9 mm), und die Bereitschaftspolizei OMON (die "für's Grobe", Figur wie jeder Stammtischbruder, bomberjackenbetonte Bäuche mit dünnen Beinen, hängende Gürtel, schwarzes Beret, Haarlänge 5 mm). Die Haarlänge war eindeutig feststellbar, denn alle waren gestern beim ihrem Kompanie-Friseur gewesen. Auf dem Bild sind alle drei Gruppen zu sehen.


Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm: entlang der Strasse standen alle 5 Meter ein Polizist, alle 100 Meter eine Gruppe OMON mit Hund, pausenlos gingen Patrouillen auf BMW-Motorrädern, in Autos und zu Fuss vorbei. Vorbildlich wurden die Ausgänge der Metro (bzw Strassentunnel) freigehalten. 10 Polizisten mit Megaphon hatten alle Hände voll zu tun Schaulustige weiterzutreiben. Als das nicht gelang und - auf der anderen Strassenseite - sich ein ernster Rückstau bildete, weil Schaulustige ihre guten Plätze am Ausgang der Metro nicht räumen wollten, stellte die OMON einfach ihren Laster so hin, dass die Leute dort nichts mehr von der Parade sehen konnten! Der Stau war ruckzuck aufgelöst!

Mein Platz war oben am Puschkin-Platz (Ulrike und Renja kennen ihn, dort sind wir zum Hummer-Essen ausgestiegen), direkt anschliessend an das Tverskaya-Gebiet. Genauer gesagt, die Strasse, die ihr auf den Bildern seht, ist die Tverskaya. Mein Platz also war bei den Haubitzen. Lange stand ich da und schaute mir Haubitzen an (bzw lange standen die Haubitzen da). 150 mm Kaliber, schätze ich.
Es dauerte bis 10:18 Uhr, bis endlich ein Signal aus Lautsprechern kam, die Haubitzen ihre Rohöl-Motoren anliessen und Abgase ausstiessen, die Zuschauer das Husten eingestellt hatten, und alles losging.
An unserem Platz gab es nur schweres Gefährt und die Flugzeuge, keine marschiernden Truppen oder Kapellen.

Eine Luftbetankung im Tiefflug über Moskau:

Der Jubel war gross, als die Akrobatikgruppe überflog:

Gepanzerter Truppentranporter (Neuentwicklung, erstmals gezeigt)

Es war viel los mit den Zuschauern und die Stimmung war super und patriotisch, aber am Puschkin-Platz war alles schon nach einer Stunde wieder vorbei und daher etwas enttäuschend. Die Tverskaya weiter unten, zum Kreml zu, wäre vielleicht besser gewesen, aber da war alles mit Metalldetektoren gesperrt und kein Durchkommen ausser für Gäste und Anwohner (!).

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