Dieser Post-Titel hat eigentlich kaum etwas zu tun mit den Erlebnissen des Tages, aber ich habe den Begriff heute kennen gelernt. Er ist der Titel eines russischen Kult-Filmes von 1975, der Pflichtprogramm aller russischen Haushalte am Abend des 31.12. ist, wenn die vielen Salate für das Neujahrsfest hergestellt werden ("Ohne С лёгком паром kann ich keinen Heringssalat machen!"). Die Schilderung der Filmhandlung erinnerte mich irgendwie an
Hangover.
Wir machten heute einen Tagesausflug mit dem Naturpark-Ranger Sasha und seinem gepolsterten Vashik in den Nationalen Naturpark auf der Halbinsel der "Heiligen Nase". Die höchste Erhebung der Bergrücken, schon über der Baumgrenze, liegt bei 1877 m.
Wir starteten in Ust-Barguzin, auf der Karte am unteren Rand gerade noch zu sehen, und fuhren über den ganz flachen Damn erst nördlich auf die Halbinsel, um dann nordöstlich weiter zu holpern bis zum Dorf Катунь und weiter zu den markierten "You are here" heissen Schwefelquellen. Von dort ging es zu der vorgelagerten winzigen Insel des "Nackten Bruders" und zurück.
Der Naturpark bot die bisher typischste sibirische Vegetation, und der Schnee trug wesentlich dazu bei, dass sich dieses "So weit die Füsse tragen"-Gefühl einstellte.
Am Eingang zum Park, ein paar Kilometer hinter dem weltlichen Schlagbaum mit Kasse und Souvenirladen, stand dieser Schamanenpfahl des Schutzgeistes Obu. Hier sollten wir eine Gabe hinlegen, um im Park gut beschützt zu sein. Der Fahrer Sasha griff dafür in die im Auto bereitliegende Reistüte, wir gaben etwas Kleingeld wie schon viele andere Schutzsuchende vor uns. Beachtlich waren die vielen geopferten Zigaretten!
Neben der Obu-Statue floss ein klarer Bach und machte beruhigende Naturklänge.
Von einer Klippe (340 Stufen) oberhalb Катунь konnten wir das heutige Festival auf dem Eis überblicken. Wir sahen den Angelwettkampf (Hauptpreis: ein funkelnagelneuer 125 ccm Scooter!), die Hundeschlittenbahn, den Knochenbruch-Wettbewerb, und den Spielepark.
Eine Trachtengruppe sang und tanzte, einer der Männer war wohl ein Enkel unserer Wirtin. Keine Ahnung, ob es gerade der links auf dem Bild ist.
Der Angelwettbewerb war sehr wichtig. Es wurde in Viererteams gefischt, das Team mit dem höchsten Fanggewicht innerhalb 2 Stunden sollte gewinnen. Meist herrschte stoische Ruhe am Eisloch.
Eine typische Eisangel ist ca. 30 cm lang und hat weder Rolle noch Schwimmer. Die Spitze ist eine Feder, die beim Anbeissen eines Fisches sofort wippt.
Es gab stolze Fänger von Prachtsbarschen, …
… aber auch Kleinvieh wurde nicht verschmäht (speziell wenn es der einzige Fang war!)
Der originelle Knochenbrech-Wettbewerb, bei dem mit blossen Händen eine Schafsrippe schlagend zu brechen ist, gab keinen Sieger in diesem Jahr.
https://youtu.be/p6wHpeJMGIM
Das Husky-Rennen wurde eingeleitet durch ein "Run your own race" mit von verkleideten "Hunden" gezogenen Schlitten. Gaudi und Hallo! Danach kam das echte Rennen:
In einem Restaurantzelt kaufte uns Sasha noch Bratfische, aus der Hand zu essen. Wir quetschten uns dafür lieber zu 5 jungen Männern auf eine Biergarnitur, und wurden sofort in deren Gruppe integriert. Sie erkundigten sich nach uns, wir antworteten, Lenas Fisch wurde beim dauernden Übersetzen kalt - aber nach 5 Minuten wurde mir bereits ein Samogon für den ersten Toast ("Auf die Freundschaft!") angeboten. Samogon ist selbstgebrannter Vodka ("Moonshine"), oft auch als Aufgesetzter zubereitet. Wir hatten richtig Spass, weil sie (und wir) so freundlich waren. Mein Augenlicht habe ich auch noch!
Auf der Eisstrasse ging es weiter zu den heissen Schwefelquellen. Die Anlage bestand aus zwei Holz"kabinen", die die beiden Quellen in Holzwannen fassten. Darin zog man sich, nach kurzer Wartezeit, aus, um und wieder an. Das Wasser war mit 42° sehr angenehm temperiert, und das Bad tat enorm gut. Selbst das Abtrocknen an der eisigen Luft war ein gutes Gefühl!
Die Gnade des Dampfes:
Wie üblich bei Schwefelquellen gibt es jede Menge morbide Farbigkeit im und um das Wasser.
Vorgelagert dem Ufer mit den Quellen liegen zwei winzige Inselchen in der Bucht, die schöne Eisformationen bilden: der "Nackte Bruder" und der "Pelzige Bruder" - unterschieden dirch den Baumbewuchs. Wir besuchten die Höhlen des "Nackten Bruders".
Blick auf den "Pelzigen Bruder" aus einer Eishöhle heraus:
Auf dem Eis hatte eine buryatische Familie aus Ust-Barguzin ihren Campingtisch zum Picknick mit Huhn, Fisch, Gemüse-Pickles, Gänse- und Enteneiern, und Torte vollgepackt. Als sie uns wiedererkannten (gesehen hatten sie ins schon im Wasser der Quellen), luden sie uns sofort an ihren Tisch ein, Ulrike wurde auf den einzigen Campinghocker gedrückt (dafür musste Oma eben mal aufstehen) - und der erste Toast mit Vodka und saurer Gurke wurde "auf den Baikal-See!" ausgesprochen. Lena charakterisierte uns kurz, und als es zu detailliert wurde griff der Familienchef zur Flasche und der zweite Toast kam dran. Nach dem dritten (wie immer "auf die Liebe") gingen wir dann aber und liessen die lieben Leute mit ihrer quietschbunten Torte allein.
Auf der Rückfahrt warfen wir noch einen Blick in eine dieser beheizten Fischerhütten auf dem Eis. Darin angeln, schlafen und leben je zwei Männer mindestens eine Woche lang. Wie einfach Männer doch glücklich zu machen sind!