15. Januar 2017

Darf ich mich sicherer fühlen, wenn ich beschützt werden muss?

Wie können Bevölkerungen sich sicherer fühlen, wenn Bedrohung aller Art näher kommt. In dieser Frage spielen so viele Faktoren mit, die nur über grosse Populationen (eben "Bevölkerung") hinweg integriert gelten werden, und nur statistisch gelten ("1600 Befragte über 16 Jahren in 12 Stadtteilen"). 
Das subjektive Sicherheitsgefühl hat ja auch nichts, aber auch gar nichts mit der objektiven Sicherheitslage eines Individuums zu tun (typisches Beispiel: Flugangst). Wesentlich zur Gefühlslage trägt die öffentliche Diskussion über sicherheits- und sicherheitsgefühls-relevante Fragen bei, allein schon durch die Auswahl der diskutierten Themen, geschweige deren Behandlung. 
Der terror (lat.) ist eine "schmerzhafte Erregung in Gegenwart oder Befürchtung von Gefahr" (Merriam-Webster). Wohlgemerkt: Terror findet in uns selbst statt, es ist nicht die äussere Bedrohung an sich, sondern ihre Wirkung in uns. 
Die "Befürchtung von Gefahr" kann aber schon ausgelöst werden durch das Erlebnis von Massnahmen zur Gefahrenabwehr. Wenn ich auf dem Roten Platz an einem Polizisten mit geladener Maschinenpistole vorbei gehe, dann sage ich mir nicht "Schön, dass er da ist!", sondern: "Der Polizist hat die MP nicht zur Verzierung dabei, jemand hat entschieden, dass er sie hier brauchen könnte". Als ich einmal einen Mann mit Revolver am Gürtel in ein Nachbarhaus gehen sah, wusste ich auch nicht ob ich mich sicherer odet gefährdeter fühlen sollte. 

Nach Nizza, Berlin und Jerusalem wurde in Moskau jeder Zugang zu Weihnachtsmärkten mit Betonklötzen so schmal gemacht, dass Autos nicht mehr durchkommen können. Das macht die Anlagen zweifelsohne sicherer, aber der blosse Anblick der hässlichen Klötze lässt mich auch schon ein wenig schmerzhaft teilnehmen an der Befürchtung von Gefahr durch den Bürgermeister. Und: wie dürfen wir uns diesseits der Klötze fühlen?

 

 

 

 

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