Beim Früstück fand ich noch einen Platz bei einer anderen, amerikanischen, Gruppe. Wir unterhielten uns zunächst über unsere für sie unvorstellbaren Wanderungen im Nebel („We‘ll go by Jeep!“), kamen aber rasch auf das grausame Massaker in Las Vegas zu sprechen. Ich zitierte Jimmy Kimmel (ein Late Night Entertainer!) mit seinem emotionalen Auftritt und dem Kernsatz „Kein Amerikaner braucht ein Maschinengewehr, schon garnicht zehn davon“
Es waren sehr vernünftige Kalifornier, und wir hatten ein gutes Gespräch über Waffenbesitz und -kontrollen. Fast hätte ich darüber unseren Bus verpasst! Vielleicht habe ich ihnen ja ein gutes Argument gegeben, dass dann die USA etwas sicherer machen wird, wer weiss?
Wir fuhren ab Richtung Süden, Tbilisi. Zwischenstopps gab es für eisenhaltige Quellen, den Kreuzpass (2395 m) mit seinem Friedhof für deutsche Kriegsgefangene, Pipimachen, das Freundschaftsdenkmal Russland-Georgien, und Schafe auf der Strasse. Südlich den Kreuzpasses wurde das Wetter wieder schlechter, es blieb aber trocken. Imbiss gab es im Restaurant „Turm“ (башня).
Die Erosionsspuren in den alten Schuttkegeln sind überall in den Bergen gut zu sehen.
Um 13:00 Uhr hatten wir Führung und Verkostung im Weingut Château Mukhrani. Es ist ein altes Weingut mit echtem Schloss, hat aber eine sehr wechselvolle Geschichte, politisch und vinologisch. Georgien hat, so hiess es heute, 528 verschiedene Traubensorten, wovon jedoch nur rund 100 zur Weinproduktion genutzt werden, und 20 davon überhaupt in nennenswertem Umfang. Die Weinkultur ist extrem kleinzellig, und Sortengeschmäcker kaum ausgebildet. Die alte Technik (Gärung im grossen Tonkrug „Kvevri“) erlaubte auch keine Lagerung und Reifung, was einmal produziert war musste rasch weg!
Das Weingut wurde 1985 nach über 100-jähriger Tradition u.a. als Hoferingut der Zarenfamilie Romanov gerodet und in eine Obstplantage umgewandelt, im ehemaligen Schloss lagerten die Chemikalien. Seit 2002 wird wieder Wein produziert, durch ausländische Investoren und jetzt einen deutschen Kellermeister. Die Anlagen sind modern und grosszügig, sowohl in Stahl als auch Eiche. Wir probierten drei Weine, wobei uns allen der Weisswein (Rkastveli Superior, 2015) am besten mundete. Der Rose (Tavkveri Dry Rosé, 2015) war ein ausgezeichneter, frischer Sommerwein für Freunde auf der Terrasse, der Rotwein (Saperavi Dey Red, 2014) hätte noch etwas Reifung besser abgerundet.
Der Kellereizugang
Alte Tonkrüge (kvetvi, hier auf einem alten Photo) zur Gärung und Lagerung
Rotweintank; mit dem Aufsatz oben werden die während der Gärung immer wieder aufsteigenden Beerenhäute dreimal täglich untergemischt
Ziel der Tagesetappe war Mtskheti, die alte Hauptstadt Georgiens. Zunächst fuhren wir hoch zu einer das Tal des Aragvi überragenden Klosterkirche, ohne Fresken und mit nur wenig Ikonen - dafür einem grossen Kreuz in der Mitte des Kirchenschiffs. Hier soll nämlich die hlg. Nino (die Missionarin Georgiens im 5 Jahrhundert) ein weithin sichtbares Missionskreuz errichtet haben.
Unten in der Stadt checkten wir erst mal im Hotel Gino ein, und erwanderten von dort die kleine Stadt mit der Kathedrale. Sie beherbergt zwei grosse Reliquien, den Mantel der Sina und der Arm des Elias. Die Kirche erschien für mich architektonisch sehr inhomogen, modernste Ikonen und Kerzenständer neben abgewetzten Königslogen und verblassten Fresken. Dafür wurden wir beim Ausgang von einem gut gelaunten Priester lachend mit Weihwasser besprenkelt!
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