11. Juli 2019

802. Go South!


(Pano der Westküste Spitzbergens, 20 km breiter Torellbreen-Gletscher nördlich Hornsund)

Heute machen wir Meilen. Genau um Mitternacht legte die Antigua in Barentsburg ab, nachdem alle Gäste und Matrosen den Heimweg in die Kojen (oder zumindest an die Bordbar) geschafft hatten. Der allgemeine Abendtreffpunkt war die Bar Roter Bär (Красний Медвед), angeblich mit tollen Cocktails, Snacks und selbstgebrautem Bier hoher Trinkbarkeit. Klagen gab es nur vereinzelt über hyperlaute russische Musik.

Das Ablegen der Antigua bekam ich gut mit, obwohl ich schon im Bett schlief. Erstens sprang der Motor im Maschinenraum direkt neben meiner Kabine 16 an, und zweitens schienen die Reflektionen der hochstehenden Sonne auf den Wellen durch das kleine Bullauge und verursachten ein flackerndes, an ein Feuer erinnerndes Licht in der Kabine. 

Kurz noch die letzte Netzverbindung für die Tage an der Ostküste zu einem Gruß an die Familie ausgenutzt, das iPhone ganz nah an das Bullauge haltend. Hinter Barentsburg im Isfjord hören sowohl das russissche MTS-RUS als auch die norwegischen Netze Telia N und Telenor auf: finis mundi!Und dann habe ich wie immer gut und diesmal besonders lang geschlafen. 

Reiseleiter Rolf Stange, Geograph und Geologe, hielt den zweiten Teil einer Einführung in die Geologie Spitzbergens, und ging auf die Wanderung der Landmasse von der Südhalbkugel bis zur heutigen Position und die damit verbundenen Verschiebungen und Ablagerungen ein - ein geologischer Prozess von 400 - 600 Millionen Jahren. Die Bilder zum Vortrag erläuterten die Vorgänge ideal; als ich selbst am Aufnahmeort stand und das selbe Anstehende sah, machte ich viel langweiligere Photos! Aber das Thema greife ich sicher nochmal auf, einige meiner Bilder sind ja auch was geworden, da habe ich etwas Eigenes. 

Die Sonne schien traumhaft auf ein spiegelglattes Meer, während wir die Küste entlang fuhren. Die meisten Gäste genossen die Fahrt an Deck. 

Die Frauen vom Service kochen ja jetzt, aber nicht zu gut - das Fehlen des Kochs soll schließlich noch bemerkt werden (sonst wäre er seinen Job bald los, sagen sie!). Heute riefen sie uns zu wir sollten vorsichtig sein mit der Brokkolisuppe, da wäre noch eine ganze Muskatnuss drin! Nicht runterschlucken sollen wir die, und wer sie findet darf abwaschen. Die Nuss wurde natürlich nicht gefunden. Dafür meldete ich mich freiwillig zum Abtrocknen des Geschirrs (das ist stressig, denn der Geschirrspüler braucht nur 4 Minuten für einen superheißen Waschgang ohne Trocknen). 

Das Meer war wie selten ohne jede Dünung, so dass spontan auf Höhe des Bergs Tonefjellet ein Landgang eingeschoben wurde; sonst verhindern das die zahlreichen Untiefen mit ihren Brechern. Heute nahmen wir uns die Zeit und stiegen durch samtweiche Moosflächenin die Grobgeröllhalde hinauf, zur riesigen Kolonie der Krabbentaucher





Es müssen Zehntausende dieser taubengroßen Vögelchen gewesen sein, die wir über zwei Stunden ohne Muks beobachteten. Das hat sich gelohnt, denn dann kamen sie veetrauensvoll bis auf 3-4 Meter an uns heran und forderten quasi ihren von uns okkupierten Sitzstein wieder ein! Alle 5 Minuten fliegt fast der gesamte Schwarm mit ohrenbetäubendem Geschrei auf, flatterr zwei Runden knapp über unseren Köpfen, und lässt sich wieder nieder. Manchmal ist eine räuberische Eismöve der verständliche Grund für das kollektive Geflatter, aber nicht immer war eine Möve sichtbar. Sie haben auch nicht gebrütet in den Felsen, und sind auch nicht zum Meer geflogen, die kleinen Nichtsnutze!







Auf dem Rückweg fanden wir einen einzelnen Gummistiefel im Matsch. Wer den wohl verloren hat ohne es zu merken?

Die hundertjährige Großhütte nahe der Polnischen Arktisstation im Hornsund haben wir noch besucht. Ein Langhaus mit Glasfenstern und vier Zimmern, alle Schikanen dabei. Man sah, dass es wohl heute von den polnischen Forschern an Wochenenden als Datscha gebraucht wurde. Der Ursprung der Hütte ist aber, dass sie 1931 gebaut wurde für und von der Familie der ersten Trapperin Spitzbergens, einer 22-jährigen Taxifahrerin aus Tromsø. Sie fuhr immer die Trapper in die Bierhallen, und irgendwann fragte sie einer davon ob sie mitgehen möchte, und sie sagte Ja. Der Anfang war schwer, aber die zierliche Frau schoss gut und war bald anerkannt; da kamen dann auch ihre zwei Söhne nach. 



Kein äußeres Schloss, aber eine Schießscharte gegen Polarbären an der Tür:



Der flache Strand besteht aus kristallisiertem, schichtbildend hartem Sediment. 







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